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Wie halten Sie es mit der Partei?

In Wildau wird am Sonntag – vorfristig – ein neuer Bürgermeister gewählt. Einen Monat später wird in Märkische Heide gewählt – regulär. Ein Thema, das im Norden heiß diskutiert wird, ist im Südosten ganz klar: die Kandidatenaufstellung durch eine Partei oder Wählergruppe.

 

Von Dörthe Ziemer

 

So einiges ist anders in der beschaulichen Gemeinde Märkische Heide als in Wildau. Flächenmäßig ist Märkische Heide die größte Gemeinde im Landkreis, aber von der Einwohnerzahl her die zweitkleinste selbstverwaltete Kommune. 17 Ortsbeiräte besprechen mehrmals im Jahr ihre Anliegen mit der Verwaltung.

 

Märkische Heide

Einwohner: 3915 (31.12.2021)

Einwohnerschwund seit 2003: knapp 20 %

Fläche: 212 km²

Bevölkerungsdichte: 19 Einwohner je km²

Gemeindegliederung: 17 Ortsteile

Wildau

Einwohner: 10.848 (31.12.2021)

Einwohnerzuwachs seit 1990: gut 50 %

Fläche: 9 km²

Bevölkerungsdichte: 1191 Einwohner je km²

Wildau führt seit 2013 Stadtrecht.

 

16 Gemeindevertreter treffen die politischen Entscheidungen – angeführt von einer Bürgermeisterin: Annett Lehmann ist seit 2014 Hauptverwaltungsbeamte der Gemeinde und sie möchte es wieder werden. Erneut tritt auch Dieter Freihoff an, der 2014 seiner Mitbewerberin in der Stichwahl mit genau 142 Stimmen unterlag und davor bereits Bürgermeister war. Am 25. September findet die Wahl statt, und weil es nur zwei Kandidaten gibt, wird eine Entscheidung an diesem Tag fallen. Beide Kandidaten wurden von einer Partei bzw. Wählergruppe aufgestellt: die Amtsinhaberin Annett Lehmann (Jahrgang 1967) von der Wählergruppe Pro Märkische Heide, der Herausforderer Dieter Freihoff (Jahrgang 1964) von der SPD, deren Mitglied er seit 1991 ist und deren Fraktion in der Gemeindevertretung er anführt.

 

In Wildau treten an diesem Sonntag (28. August) in der Hauptwahl fünf Kandidaten an. Ihre Geburtsjahrgänge reichen von 1955 bis 1979, und sie treten allesamt zum ersten Mal bei einer Bürgermeisterwahl an. Bekommt keiner von ihnen am Sonntag mehr als 50 Prozent der Stimmen, gibt es am 18. September eine Stichwahl zwischen den beiden erfolgreichsten Kandidaten.

 

Wahlvorschlag der SPD Einzelwahl-vorschlag Einzelwahl-
vorschlag
Einzelwahl-vorschlag Einzelwahl-
vorschlag
Enno von Essen Frank Nerlich Axel Corte Martin Stock László Ungvári
Jg. 1979 Jg. 1966 Jg. 1969 Jg. 1963 Jg. 1955
Immobilienverwalter Projektmanager Betriebswirt Diplom-Politologe Präsident a.D.
https://enno-von-essen.de/ https://frank-nerlich.de/ http://www.axelcorte.de/   https://laszlo-ungvari.info/

 

Zwei der Wildauer Kandidaten sind derzeit Stadtverordnete (Frank Nerlich für Bürger für Wildau/Grüne, Martin Stock für CDU/FDP), zwei sind sachkundige Einwohner (Axel Corte für die Linke, Enno von Essen für die SPD). Vier der Kandidaten treten als Einzelbewerber an, d.h., sie mussten Unterstützerunterschriften für ihre Kandidatur sammeln. Enno von Essen wurde von der SPD nominiert, d.h., der Ortsverein stellte ihn als Kandidaten auf, somit entfiel die Unterschriftensammlung. Enno von Essen ist jedoch kein Parteimitglied. Martin Stock wiederum ist seit kurzem wieder CDU-Mitglied, aber nicht von seiner Partei nominiert. Frank Nerlich wirbt auf seinen Plakaten mit der Aufschrift „parteilos“. Auch Axel Corte betont auf seiner Wahl-Homepage seine Parteilosigkeit und Unabhängigkeit.

 

Vorzug oder Manko?

 

Ist Parteilosigkeit bzw. -unabhängigkeit also ein Vorzug oder ein Manko? Das war bereits bei der jüngsten Bundestagswahl ein Thema – als so viele Kandidaten wie nie in den Bundestag einziehen wollten, darunter viele Kandidaten aus Kleinparteien oder Parteilose. Die Potsdamer Politikwissenschaftlerin Anastasia Pyschny sieht darin eine „Parteienkritik, die aussagt: ‚Wir wollen ein anderes Angebot, wir wollen andere Personen und andere Inhalte.‘ Das ist ein Warnzeichen: wenn sich Bürger und Bürgerinnen nicht mehr innerhalb der Parteien wiederfinden.“ Für Wildau dürfte genau das zutreffen: Häufig wurde kritisiert, u.a. von der Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz, dass die Stadtverordnetenversammlung zu stark von einer „12:7-Mehrheit“ bestimmt sei – also einer Mehrheit aus den Fraktionen von SPD und CDU/FDP, die nur die Beschlussvorlagen der Bürgermeisterin absegne. Carsten Kröning, Nicht-Wildauer und Chef der Wohnungsbaugenossenschaft Wildau, forderte vor diesem Hintergrund im November: „Einen Neustart gibt es nur, wenn neben der Bürgermeisterin auch die Stadtverordnetenversammlung zurücktritt.“ László Ungvári spricht gar von einer „12:7-Maschinerie“. Er nimmt eine starke Politikverdrossenheit wahr: „Eigentlich ist ‚Partei‘ schon fast so etwas wie ein Schimpfwort geworden. Deshalb versucht jeder, sich parteilos dazustellen, weil das bei den Menschen noch ankommt.“

 

Auch in Lübben gab es vier Einzelbewerber und zwei Partei-nominierte Kandidaten. Königs Wusterhausens Bürgermeisterin Michaela Wiezorek war von einem breiten Parteienbündnis aufgestellt worden. Doch was bedeutet die Verbindung von Lokalpolitik mit Parteien eigentlich? Was folgt daraus, wenn Parteipolitik gar keine Rolle mehr spielt?

 

Glaubwürdigkeit und Grundsätze

 

Enno von Essen begründet seine Nominierung durch die SPD mit seiner inhaltlichen Nähe zu dieser Partei: „Meine persönliche Meinung deckt sich zu großen Teilen mit den Ideen und Zielen der SPD, vor allem im Bereich der Sozialpolitik“, schreibt er auf seiner Homepage. Er sei jedoch nicht an die Politik der SPD gebunden und bezeichnet sich deshalb als überparteilich. Als sachkundiger Einwohner der SPD arbeitet er in zwei Ausschüssen mit. „Ich gebe dort aber lediglich meine sachliche Meinung zu verschiedenen Themen an die SPD – was diese damit macht und ob meine Meinung in deren Entscheidungen einfließt, liegt jedoch nicht in meinem Ermessen“, erklärt er. Finanziell beteilige sich die SPD nicht an seinem Wahlkampf, Enno von Essen bekomme aber personelle Unterstützung.

 

Martin Stock begründet seine Einzelbewerbung – bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in der CDU – damit, dass er sich der CDU bundespolitisch verbunden fühle. Wegen Angela Merkels Haltung in der Libanon-Krise sei er einst aus der CDU ausgetreten – und im Zusammenhang mit der Wahl von Friedrich Merz zum Parteivorsitzenden wieder eingetreten. Das habe, teilt er mit, „ausschließlich bundespolitische Gründe. Ich will und werde auf kommunaler keine politischen Ämter und Aufgaben mehr übernehmen“. Er wolle nicht Bürgermeister werden, weil er in der CDU ist, sondern u.a. „um eine professionelle Verwaltungsführung zu organisieren und schon damit ‚die Politik als Gesamtheit‘“ zu unterstützen. Gleichwohl ist Martin Stock mit der Mitgliedschaft in der CDU dem Wildauer Stadtverband zugeordnet. „Allerdings bleibt auch das: Ich bin und bleibe ein kritischer Geist, der sich nicht durch Parteiräson einschränken lässt“, sagt er. Für ihn gehöre das parteipolitische Engagement „zum privaten Wirkungskreis und darf nicht in den Bereich der Amtsführung gelangen“.

 

Für Dieter Freihoff, Bürgermeisterkandidat in Märkische Heide, war es gar keine Frage, ob er sich von seiner Partei aufstellen lässt: „Ich bin seit Juli 1991 SPD-Mitglied, habe die Höhen und Tiefen der Partei durchlebt und durchlitten, da ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass ich für die SPD kandidiere“, erzählt er. Die Menschen in seiner Gemeinde hätten mit der Parteizugehörigkeit auch kein Problem, erklärt er weiter. Ein Bürgermeister führe die Gemeinde politisch unabhängig. „Sicherlich gibt es Entscheidungen, bei denen mich meine sozialdemokratische Grundeinstellung leitet, aber ich lasse mich in kein Korsett der Partei drängen.“ Auf Kontinuität setzt auch Annett Lehmann: „Da ich schon bei meiner ersten Bürgermeister-Wahl für Pro Märkische Heide aufgestellt wurde, war es sehr naheliegend wieder über die Wählergruppe zu kandidieren“, teilt sie mit. „Gleichzeitig konnten wir gemeinsam einige Projekte während meiner Amtszeit umsetzen, so dass auch bei der Wählergruppe Pro Märkische Heide der Wunsch bestand, mit mir weiter zusammenzuarbeiten.“

 

Praktische Gründe

 

Für einige Kandidaten hat die Zusammenarbeit mit einer Partei/Wählergruppe ganz praktische Gründe. „Grundsätzlich sollte der Bürgermeister neutral auftreten, aber natürlich ist es hilfreich, wenn man im Vorfeld Beschlussvorlagen mit Gleichgesinnten abstimmen kann“, sagt Annett Lehmann. Ihrer Erfahrung nach erleichtere dies das Verwaltungshandeln deutlich. Ähnlich sieht es Enno von Essen: „Ein Bürgermeister ist ein Verwaltungsmitarbeiter. Sollte er darüber hinaus Dinge in der Stadt anpacken und ändern wollen, muss er die Stadtverordneten um Erlaubnis fragen. Diese stimmen dann über seinen Vorschlag ab“, erklärt er. Damit das aussichtsreich sei, benötige man eine gute Verbindung zur SVV. „Sonst bleibt der Bürgermeister am Ende, was er laut Definition eigentlich ist: ein Verwaltungsleiter, der nichts bewegen kann.“ Das ist für Martin Stock ein wichtiger Grund, als Einzelbewerber anzutreten: Er nehme eine „klare Trennung von Politik und ‚Verwaltungsjob‘“ vor. „Ich will mir von keiner Partei oder Wählergruppe sagen lassen ‚Wir haben dir die Kandidatur ermöglicht (ohne Unterstützerunterschriften) und jetzt tu mal was für uns‘“, sagt er. Das sei immer schädlich für die Ausübung des Amtes und habe seiner Wahrnehmung nach dazu geführt, dass viele Bürgermeister „zwischen die politischen Schusslinien gekommen sind“.

 

Annett Lehmann verweist auf genügend Beispiele für Abstimmungen, bei denen die Fraktion Pro Märkische Heide nicht den vorgeschlagenen Verwaltungsvorlagen zugestimmt habe. Außerdem sei sie bei ihrem Abstimmungsverhalten in der Gemeindevertretung an keinen Abstimmungszwang gebunden. Hinzu kommt, dass „ihre“ Fraktion als Multiplikator im Gemeindegebiet fungiere, der Beschlüsse erläutert und Verwaltungshandeln erklärt: „Dies erfolgt an den unterschiedlichsten Stellen wie in der Familie, bei einer Feier oder auf der Arbeit. Gleichzeitig bekommt man zeitnah aber auch Hinweise und Anregungen zu schlecht laufenden Entwicklungen zu einzelnen Sachthemen in der Gemeinde, so dass man schnell gegensteuern kann.“

 

Erwartung an hohe Wahlbeteiligung

 

Doch die Frage nach dem Rückzug der Parteien aus der Lokalpolitik, nach einer nicht nur Politik- sondern auch Parteiverdrossenheit bleibt. „Warum treten so viele Leute aus den Parteien aus?“, fragt Frank Nerlich und glaubt, dass die Menschen mit ihren Themen nicht abgeholt wurden. Das wiederum könnte sich in der Wahlbeteiligung widerspiegeln. Alle Kandidaten betonen, die Menschen in ihren Kommunen durch direkte Ansprache zum Wählen animieren und die richtigen Themen setzen zu wollen. Erwartungen an eine hohe Wahlbeteiligung sind bei allen Kandidaten vorhanden: in Wildau, weil das Bewerberfeld bunt und die politische Auseinandersetzung in der Stadt seit dem Abwahlverfahren gegen die frühere Bürgermeisterin Angela Homuth (SPD) intensiv ist; in Märkische Heide, weil die Menschen sich dort traditionell gern einbringen, etwa in Gemeindevertretersitzungen, und eben auch zur Wahl gehen. Egal, wie die Wahlen ausgehen – alle Kandidaten versprechen, als Bürgermeister für alle Menschen in ihrer Kommune da sein zu wollen.

 

Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen

Kommune

Königs Wusterhausen

Lübben

Wildau

Märkische Heide

Vorletzte Wahl

2017

2015

2019

2014

Hauptwahl

*72,7 %

52,7 %

49,4 %

***70,9 %

Stichwahl

43,9 %

49,5 %

**57,8 %

64,1 %

Abwahl

2021

 

2022

 

 

47,4 %

 

46,2 %

 

Jüngste Wahl

2021

2022

28. August

25. September

Hauptwahl

44,4 %

42,3 %

 

 

Stichwahl

 –

30,2 %

 

 

Bürgermeister/in

Michaela Wiezorek

Jens Richter

Marc Anders (komm.)

Annett Lehmann

*mit Bundestagswahl          ** mit Europawahl             ***mit Landtagswahl

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Mi, 24. August 2022

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