Ungleich schwerer als wenn Stadtverordnete ein Abwahlverfahren starten, ist es, wenn Bürger dies tun. Denn während Stadtverordnete ziemlich genau abschätzen können, ob es in ihrem Gremium eine notwendige Mehrheit für die Einleitung eines Bürgerentscheids gibt, müssen Bürger eine recht große Zahl an Unterschriften sammeln. In Wildau hat sich im ersten Quartal dieses Jahres die Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz auf den Weg gemacht, so ein Verfahren zu starten und Bürgermeisterin Angela Homuth abzuwählen. Dort waren genau 2.114 Unterschriften erforderlich, die Bürgerinitiative sammelte knapp 2.800. Am 29. November wurden diese an die Wahlleiterin im Rathaus übergeben. Sie muss nun – laut Kommunalwahlgesetz „unverzüglich“ – alle Unterschriften überprüfen, z.B. darauf, ob alle Unterzeichner das notwendige Alter und ihren Wohnsitz in Wildau haben. Fällt das Urteil positiv aus, liegen also ausreichend gültige Unterschriften vor, beschließen die Stadtverordneten über das Ergebnis in einer Sitzung und legen einen Termin für den Bürgerentscheid fest.
Im Fokus der Kritik ist neben der Bürgermeisterin in Wildau jedoch auch die Stadtverordnetenversammlung. Die Bürgerinitiative wirft den gewählten Vertretern vor, sie würden im Block abstimmen und blind der Bürgermeisterin folgen. Von einer „12:7-Maschinerie“ ist die Rede – mit Blick auf eine Mehrheit aus SPD/CDU/FDP. Die Bürgermeisterin weist solche Vorwürfe zurück und bezieht sich auf das verschiedenartige Abstimmungsverhalten der Stadtverordneten bei diversen Beschlüssen. „Die Stadtverordneten hätten sich an unsere Tische stellen können, um mit ihren Bürgern ins Gespräch zu kommen“, stellt indes Thomas Kuhn, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative, fest.
Rund 70 Freiwillige waren unterwegs, um Unterschriften einzusammeln. Eine davon war Ronni Krzyzan. Sie erzählt, wie redselig die Menschen gewesen seien. Die Ziele der Bürgerinitiative hätten große Zustimmung gefunden. „Was mich am meisten erstaunt hat“, sagt sie, „war diese Angst davor, mit einer Unterschrift Nachteile zu erfahren.“ Sie hätte das selbst vorher nicht für möglich gehalten, dass Menschen befürchten, ihnen könnten aus der Unterschrift Nachteile, etwa bei der Kitaplatz-Vergabe, bei der Wohnung oder beim Gewerbe erwachsen, erzählt Ronni Krzyzan. Allen sei versichert worden, dass grundsätzlich nur die Wahlleiterin und ihre Mitarbeiter die Unterschriftenliste zur Prüfung einsehen dürften.
„Wir haben einen riesigen Bürgerdialog angestoßen“, stellt Christine Stüber-Errath, ebenfalls Gründungsmitglied und Sprecherin der Initiative, zufrieden fest. Sie sei erstaunt gewesen, wie gut die Menschen informiert sind. Es gebe nun eine lange Liste mit Dingen, die die Bürger ärgern, und solche, die sie sich wünschen. Thema Nummer eins sei in den Gesprächen aber das verlorene Vertrauen in die Bürgermeisterin im Zusammenhang mit den Gerichtsverfahren rund um Korruptionsvorwürfe gewesen. Oft hätten Menschen den Satz angefügt ‚Aber die Politiker sind ja eh‘ alle korrupt‘, erzählt Ronni Krzyzan. Vor diesem Hintergrund sei er froh, sagt Heinz Hillebrand, Fraktionschef der Linken im Stadtparlament, dass die Bürgerinitiative ohne populistische Untertöne auskomme und die Bewegung insgesamt eine „angenehme Politisierung“ erfahren habe. Berthold Pohl, Mitglied der Initiative und ehemaliger Rathaus-Mitarbeiter fügt hinzu: „Wir haben dann Aufklärungsarbeit betrieben und den Menschen erklärt, dass wir eine Demokratie gestalten können, wie wir sie uns vorstellen.“