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Abwahl? Versuch einer Rekonstruktion

[mit Update, 9.10.] 32 Kreistagsabgeordnete haben einen Abwahlantrag gegen die Erste Beigeordnete und Vizelandrätin Susanne Rieckhof unterschrieben, Landrat Sven Herzberger will mit einem eigenen Antrag folgen. Worum genau es geht, ist offiziell immer noch nicht bekannt. Versuch einer Rekonstruktion.

 

Von Dörthe Ziemer 

 

Manchmal sind hinreichende Informationen und intensive Abwägungen die Grundlage von Entscheidungen, manchmal das Bauchgefühl. In Politik und Verwaltung gibt es üblicherweise für alle Entscheidungen Handlungsgrundlagen: Gesetze, Satzungen, Geschäftsordnungen, Konzepte, langjährige Handlungspraxis, Mehrheitsentscheidungen. Bei Abwahlanträgen gegen gewählte Beigeordnete reicht indes eine Mehrheit der Abgeordneten, nämlich mehr als die Hälfte der gesetzlichen Zahl – in Dahme-Spreewald sind das mindestens 29 Kreistagsabgeordnete. Bei der Abwahl selbst ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich (38) und es wird laut Kommunalverfassung ohne Aussprache, d.h, ohne Abwägung von Informationen, abgestimmt. Zwischen dem Antrag und der Abstimmung müssen mindestens sechs Wochen vergehen.

 

Und so wird nun in etwa sechs Wochen über die Abwahl der Ersten Beigeordneten und Vizelandrätin Susanne Rieckhof abgestimmt: Denn nach Auskunft von Landrat Sven Herzberger ist im Büro Kreistag am 26. September ein von 32 Abgeordneten unterzeichneter Abwahlantrag eingegangen. Auch er wolle einen Abwahlantrag einreichen, so Sven Herzberger, weil „aufgrund der Vorfälle eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der ersten Beigeordneten nicht mehr möglich ist“. Laut Kommunalverfassung reicht es aus, wenn die Abgeordneten oder der Hauptverwaltungsbeamte (der Landrat) den Abwahlantrag einreichen. 

 

Die Frage ist, auf welcher Grundlage die Fraktionen sich eine Meinung zum Abstimmungsgegenstand bilden – im konkreten Fall zum Verhalten der Ersten Beigeordneten und Vizelandrätin Susanne Rieckhof. Gegenüber der Öffentlichkeit haben die Abgeordneten einen Wissensvorsprung – sie wurden in nichtöffentlicher Sitzung durch Landrat Sven Herzberger unterrichtet. Außerdem können sie Akteneinsicht beantragen, was bisher die Fraktion SPD/Grüne/Linke/Wir für KW/BIS getan hat. Mit Verweis auf laufende Verfahren äußern sich die Beteiligten offiziell nicht zu weiteren Details.

Was hilft, um einen Überblick zu bekommen, ist eine zeitliche Rekonstruktion der Vorgänge:

 

 

Ende Mai

Es ereignet sich mutmaßlich ein Vorfall, der zur Suspendierung von Susanne Rieckhof geführt hat. Sie soll, so wird Anfang September aus dem nichtöffentlichen Teil einer Kreistagssitzung kolportiert, die Löschung einer E-Mail aus dem Postfach von Sven Herzberger veranlasst haben. Welche Relevanz der Mail-Inhalt gehabt haben soll, welche Folgen aus der mutmaßlichen Löschung hätten erwachsen können und welches Motiv der Aufforderung zur Löschung zugrunde liegen sollte, ist nicht bekannt. 

 

30. Juli

Landrat Sven Herzberger erfährt nach eigenen Angaben von dem mutmaßlichen Vorfall. 

 

„Es geht darum, ob öffentliche Einrichtungen parteipolitisch genutzt wurden.“ 
Landrat Sven Herzberger über die Vorwürfe der Spendeneinwerbung bei der WfG

 

11. August

Ein anonymes Schreiben geht bei der Kreisverwaltung ein, in dem davon die Rede ist, dass während des Landratswahlkampfes Gespräche in den Räumen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald (WfG) stattgefunden haben sollen, in denen es auch um die finanzielle Unterstützung des Landratswahlkampfes von Susanne Rieckhof gegangen sein soll. An den Gesprächen sollen der Geschäftsführer der WfG Gerhard Janßen, Susanne Rieckhof und Unternehmer teilgenommen haben. Ob es sich bei den in Rede stehenden Terminen in den Räumen der WfG um Termine handelt, die ausschließlich der Spendeneinwerbung dienten oder ob es Termine mit dienstlichen Anlässen waren, in deren Rahmen oder vor/nach denen die Spendeneinwerbung thematisiert wurde und um wie viele Termine es sich handeln soll, dazu nahm der Landrat auf Wokreisel-Anfrage mit Verweis auf ein laufendes dienstrechtliches Verfahren keine Stellung.

In einem Sonderkreistag Ende August sagt Sven Herzberger, dass es nicht um Spenden an die WfG gehe und dass er nicht wisse, ob überhaupt gespendet wurde, sondern: „Es geht darum, ob öffentliche Einrichtungen parteipolitisch genutzt wurden.“ Zur Frage, ob ein finanzieller Schaden für den Landkreis entstanden sei, könne er so viel sagen: „Wenn jemand diesen Raum hier mieten möchte, dann zahlt er üblicherweise eine Miete“, so Sven Herzberger.

 

Mitte August

Susanne Rieckhof befindet sich im Erholungsurlaub. Ein persönliches Gespräch zu den Vorfällen fand nach Informationen des Landrates nicht statt.

Landrat Sven Herzberger (parteilos), der seit März im Amt ist und gegen Susanne Rieckhof als SPD-Kandidatin und Steffen Kotré von der AfD im Wahlkampf angetreten war, beschreibt das Dienstverhältnis zu seiner Stellvertreterin bis zum Bekanntwerden der mutmaßlichen Vorfälle als „professionell“. Nicht viele Menschen aus der Verwaltung und dem Kreistag sind so nah dran an der Verwaltungsspitze, dass sie einen profunden Eindruck vom Dienstverhältnis der beiden haben könnten. Gleichwohl ist von dort zu hören, dass Landrat und Beigeordnete „ihre Reviere abgesteckt“ hätten und dass, wenn auch kein herzliches, so doch – wie auch mit den Worten des Landrates – ein professionelles Verhältnis bestanden habe. Beide sind Volljuristen, Susanne Rieckhof gilt in ihrem Job als Dezernentin als fachlich hoch qualifiziert.

Fakt ist aber auch, was beispielsweise während der Wahlkreisel-Gesprächsrunden zu erleben war: Im Wahlkampf schenkten sich beide nichts. Sie kämpften hart in der Sache und wurden zuweilen auch persönlich. Kurz nach seinem Amtsantritt baute Sven Herzberger die Kreisverwaltung um und entzog Susanne Rieckhof all ihre bisherigen Arbeitsbereiche. An deren Stelle bekam sie weitaus weniger Bereiche als zuvor und auch weniger als die anderen Dezernenten zugeordnet sowie die Aufgabe, den Landrat bei der Repräsentation zu unterstützen. Entgegen den offiziellen Erklärungen zum Verwaltungsumbau haben Personen aus Verwaltung und Kreispolitik diesen Schritt durchaus als Degradierung der Vizelandrätin wahrgenommen.

 

 Wahlkreisel-Runde im Oktober 2023: Sven Herzberger, Susanne Rieckhof, Steffen Kotré (v.l.). Foto: Karen Ascher

Wahlkreisel-Runde im Oktober 2023: Sven Herzberger, Susanne Rieckhof, Steffen Kotré (v.l.). Foto: Karen Ascher

 

19. August

Nach Information von Landrat Sven Herzberger gibt es ein Gespräch mit WfG-Chef Gerhardt Janßen zur mutmaßlichen Spendeneinwerbung. Der Geschäftsführer wird vom Dienst freigestellt.

 

21. August

Die Gesellschafterversammlung der WfG beruft Gerhard Janßen als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit sofortiger Wirkung ab. Nahezu zeitgleich erscheint ein Artikel auf der Internetpräsenz der Märkischen Allgemeinen, in dem über die Abberufung und die Begründung dafür berichtet wird.

Die Gesellschafterversammlung besteht aus dem Landrat als stimmberechtigtem Vertreter des alleinigen Gesellschafters (Landkreis Dahme-Spreewald). An den Sitzungen können bis zu vier entsandte stimmlose Kreistagsabgeordnete teilnehmen, denen laut Gesellschaftsvertrag (Paragraf 14) vor Beschlüssen die Gelegenheit einzuräumen ist, sich mit dem Landrat zu beraten. Sie waren jedoch nicht eingeladen, sondern haben, wie auch alle übrigen Kreistagsabgeordneten, aus der Zeitung von den Vorgängen erfahren. 

Dazu, ob die Gesellschafterversammlung in der bisherigen Form rechtlich Bestand hat, gibt es offenbar unterschiedliche Rechtsauffassungen: Das Innenministerium sagt Ja, der Landrat sagt Nein. Mit seiner Rechtsauffassung begründet der Landrat, warum er die Gesellschafterversammlung allein durchgeführt hat. Mehrere Fraktionen im Kreistag befinden sich zum Thema Gesellschafterversammlung im Meinungsbildungsprozess. Die Fraktion SPD/Grüne/Linke/Wir für KW/BIS geht davon aus, dass die Beteiligungen des Kreistages in Gremien wie Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsräten Bestand haben. 

 

22. August

Die Kreisverwaltung gibt eine Pressemitteilung heraus, in der über die Abberufung von Gerhard Janßen als Geschäftsführer der WfG informiert wird. Ein Grund wird nicht genannt, sondern erst einen Tag später auf Wokreisel-Nachfrage mitgeteilt.

 

26. August

Der Landrat sendet ein Anhörungsschreiben an Susanne Rieckhof, die sich weiter im Urlaub befindet. Nach Angaben von Sven Herzberger hätte die Anhörung mündlich oder schriftlich erfolgen können, die Antwort sei schriftlich erfolgt.

 

 Wahlkampfauftakt von Sven Herzberger 2023. Foto: Dörthe Ziemer

Wahlkampfauftakt von Sven Herzberger 2023. Foto: Dörthe Ziemer

 

27. August

Die Kreisverwaltung gibt die Tagesordnung für eine Sondersitzung des Kreistages am 4. September bekannt. Auf Antrag der AfD-Fraktion lautet der Haupt-Tagesordnungspunkt: „Bildung eines zeitlich begrenzten Ausschusses zur Untersuchung der Vorgänge um die Einwerbung von Wahlkampfspenden in der WfG“. Im Kreistag haben Beigeordnete laut Kommunalverfassung ein aktives Teilnahmerecht, d.h., sie können sich vor Ort zu Beratungsgegenständen äußern.

 

Ende August

Susanne Rieckhof beantragt die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst, um, so hießt es im Landesdisziplinargesetz, „sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten“. Laut Information des Innenministeriums vom 26. September werde „derzeit geprüft, ob die Einleitungsvoraussetzung für ein Disziplinarverfahren gemäß Paragraf 18 Absatz 1 Satz 1 Landesdisziplinargesetz gegeben ist“, d.h., auch die Einleitung eines Verfahrens durch den Dienstvorgesetzten wird geprüft. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, sei offen. 

Dafür ist nach Ministeriumsangaben das Verfahren zu einem anderen Antrag von Susanne Rieckhof auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens aus dem Jahr 2023 abgeschlossen: Damals war ihr im Wahlkampf vorgeworfen worden, den Trägerverein des Biogartens Prieros unter Druck gesetzt zu haben, weil dort eine Wahlkampfveranstaltung für Sven Herzberger stattgefunden hat. Obwohl das Innenministerium mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte keine weitere Stellungnahme abgibt, hatte das Verfahren offenbar keine dienstrechtliche Konsequenz.

 

29. August

Auf Wokreisel-Nachfrage teilt Landrat Sven Herzberger mit, warum bei der Entscheidung zur Abberufung von Gerhard Janßen Eile geboten war: „Wenn Sie von Tatsachen Kenntnis erlangen, die möglicherweise eine außerordentliche Kündigung eines Dienstvertrages rechtfertigen, müssen Sie innerhalb von zwei Wochen dem betreffenden Mitarbeiter die Kündigung zugestellt haben.“ In Bezug auf Susanne Rieckhof teilt er am selben Tag mit, dass er „bisher keine Vorverurteilung vorgenommen“ habe: „Im Gegenteil. Ich habe gesagt, ich werde den Sachverhalt in Bezug auf Frau Rieckhof prüfen und dann bewerten. Bei Frau Rieckhof läuft aktuell die Anhörung noch, weshalb hier derzeit keine weitergehenden Informationen gegeben werden.“

 

1. September

Nach Information von Landrat Sven Herzberger ergeht per Bote ein Bescheid über das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an Susanne Rieckhof. Es ist ein Sonntag. Aus dem politischen Umfeld von Susanne Rieckhof wird berichtet, dass Sven Herzberger persönlich den Boten im Auto begleitet haben soll. 

Das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte bedeutet, dass Susanne Rieckhof nicht im Namen der Kreisverwaltung handeln und zu keinem Mitarbeiter Kontakt aufnehmen darf.

 

2. September

Sven Herzberger schreibt eine E-Mail an alle Verwaltungsmitarbeiter, die via Screenshot ihren Weg nach draußen findet und in der die Beurlaubung der Ersten Beigeordneten mitgeteilt wird. „Grund für diese Maßnahme ist unter anderem eine schwerwiegende innerdienstliche Fehlleistung von Frau Rieckhof in der unmittelbaren Beziehung zu meiner Person. Die Fortführung der Amtsgeschäfte durch Frau Rieckhof würde mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Behörde“, nach sich ziehen, heißt es darin. Erwähnung findet in der Mail auch ein mögliches Abwahlverfahren: „Sollte das Dienstverhältnis mit Frau Rieckhof im Ergebnis – zum Beispiel durch Abwahl des Kreistages – beendet werden, wird die Stelle des Beigeordneten / Dezernenten neu ausgeschrieben.”

Außerdem werden die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages über die Beurlaubung informiert.

 

 Wahlkampfauftakt von Susanne Rieckhof 2023. Foto: Dörthe Ziemer

Wahlkampfauftakt von Susanne Rieckhof 2023. Foto: Dörthe Ziemer

 

4. September

Susanne Rieckhof wendet sich in einem Eilverfahren am Verwaltungsgericht gegen die sofortige Vollziehung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte. Den Erlass einer Zwischenentscheidung hat die Kammer abgelehnt. Die kann das Gericht treffen, um vollendete Tatsachen zu verhindern, die dem Betroffenen effektiven Rechtsschutz solange sichert, bis das Gericht in der Sache entschieden hat. 

Der Sonderkreistag findet statt. In der Sache gibt es mit Verweis auf laufende Verfahren wenig Neues. Der von der AfD beantragte Untersuchungsausschuss wird mehrheitlich abgelehnt: Ein Untersuchungsausschuss sei auf kommunaler Ebene nicht möglich, führen Landrat Sven Herzberger und Fraktionschef Björn Lakenmacher (CDU) aus. „Ich habe nichts gegen kluge Fragen“, sagt Björn Lakenmacher an die AfD gewandt, „aber sie müssen auch beantwortet werden können“. Da es dabei auch um Personalangelegenheiten gehe, könne sich ein öffentlicher Ausschuss dem nicht widmen.

Sven Herzberger erwähnt in seinen Ausführungen, dass die Vorgänge möglicherweise den Landtagswahlkampf beeinflussten. Er sei jedoch „vom Ausgangspunkt her nicht Herr des Verfahrens“ gewesen.

Als Begründung für die Beurlaubung von Susanne Rieckhof führt Sven Herzberger aus, dass es durch die Erste Beigeordnete „eine schwerwiegende inhaltliche Fehlleistung in Bezug auf meine Person“ gegeben habe. Es handele sich um einen „nicht zu entschuldigenden Sachverhalt“, eine „persönliche individuelle Fehlleistung“. Die Beurlaubung diene dem „Schutz der Kreisverwaltung“. Er müsse „Sorge haben“, so Sven Herzberger, dass „nicht mehr die Informationen, die ihm zustehen, zu ihm gelangen“.

Aus dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung wird schließlich die Information kolportiert, dass Susanne Rieckhof mutmaßlich die Löschung einer E-Mail aus dem Postfach des Landrates veranlasst haben soll. Die Fraktionsvorsitzenden kritisieren durchweg, dass nichtöffentliche Informationen nach draußen gegangen sind. Thomas Irmer (SPD), der selbst nicht anwesend war, verweist indes darauf, dass üblicherweise auch Verwaltungsmitarbeiter im nichtöffentlichen Teil anwesend sind und er sich deshalb bei der Bewertung der Informationsweitergabe zurückhalte.

Der Kreistag debattiert zur mutmaßlichen Spendeneinwerbung in der WfG auch darüber, warum die in die Gesellschafterversammlung entsandten Kreistagsmitglieder nicht zu Beratung hinzugezogen wurden, wie es der Paragraf 14 des Gesellschaftsvertrags vorsieht. Beate Burgschweiger (SPD) als bisherige Vertreterin in der Gesellschafterversammlung der WfG bringt ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck. Tina Fischer (SPD) ergänzt: „Solange der Vertrag nicht geändert wurde, gilt Paragraf 14“. Sven Herzberger wird daraufhin persönlich: „Sie sind doch Juristin, Sie müssten es besser wissen”, sagte er an Tina Fischer gewandt. 

Der Kreistagsvorsitzende Olaf Schulze (CDU) informiert darüber, dass die Verwaltung bereits dabei sei, die Gesellschaftsverträge anzupassen. Deshalb sei die Entsendung von Kreistagsmitgliedern, die üblicherweise in der 2. Kreistagssitzung einer Wahlperiode stattfindet, noch nicht erfolgt. Die entsprechenden Beschlussvorlagen seien für Oktober vorgesehen. 

Einige Tage später geht auf unsere Nachfrage die Mitteilung des Innenministeriums ein, dass es zulässig sei, dass der Gesellschaftsvertrag die Teilnahme mehrerer – zusätzlicher – Vertreter eines Gesellschafters zulässt, die kein eigenes Stimmrecht haben.

 

„Die Kammer ist nach Eingang der Erwiderung bestrebt, zeitnah zu entscheiden.“
Verwaltungsgericht Cottbus zum Fortgang des Eilverfahrens

 

5. September

Der Landrat wird vom Verwaltungsgericht Cottbus informiert, dass ein Eilantrag gegen die sofortige Vollziehung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte von Susanne Rieckhof eingereicht wurde. Mit Zustellung des Antrags an den Antragsgegner (also den Landrat) erging laut Gericht zugleich die Aufforderung zur Antragserwiderung innerhalb einer Frist von zehn Tagen. Diese wurde auf Antrag durch das Landratsamt verlängert, da Sven Herzberger vom 6. bis 20. September im Urlaub war. Die Antragserwiderung ist am 26. September beim Verwaltungsgericht Cottbus eingereicht worden, informiert der Landrat. „Die Kammer ist nach Eingang der Erwiderung bestrebt, zeitnah zu entscheiden“, teilt die Pressestelle des Verwaltungsgerichts Cottbus mit.

 

26. September

Das Büro Kreistag informiert Verwaltung und Kreistag darüber, dass ein von 32 Abgeordneten unterzeichneter Abwahlantrag eingegangen ist. Gesetzt den Fall, dass aus der Fraktion SPD/Grüne/Linke/Wir für KW/BIS niemand unterzeichnet hat (s.u.), ist die Mehrheit von mindestens 29 Abgeordneten auf Unterschriften aus der AfD-Fraktion angewiesen. Auch er wolle einen Abwahlantrag einreichen, so Sven Herzberger, weil „aufgrund der Vorfälle eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der ersten Beigeordneten nicht mehr möglich ist“. In der Sondersitzung des Kreistages führte er aus: „Es gibt Sachverhalte, die haben einen objektiven Tatbestand und sind ohne jegliche moralische Bewertung. Wenn etwas passiert, muss man das nicht moralisch bewerten.“

 

 „Der Gesetzgeber hat den Mitgliedern aus guten Gründen die Möglichkeit einer Abwahl von Beigeordneten eingeräumt.“
Björn Lakenmacher, Vorsitzender der Fraktion CDU/FDP/Bauern/StdD 

 

Für die Fraktion CDU/FDP/Bauern/StdD teilt der Vorsitzende Björn Lakenmacher auf unsere Anfragen mit, dass es für seine Fraktion nachvollziehbar sei, „dass der Landrat das Vertrauen zu Susanne Rieckhof als seine Stellvertreterin verloren hat“. Die Fraktion sehe sich hinreichend und ausführlich durch den Landrat unterrichtet und habe keinen Grund an dessen Schilderung der Vorfälle zu zweifeln. Deshalb könne die Fraktion den Sachverhalt, der dem Abwahlantrag zugrunde liegt, ausreichend beurteilen und sehe nicht die Notwendigkeit, Gerichts- und Disziplinarverfahren abzuwarten. „Der Gesetzgeber hat den Mitgliedern aus guten Gründen die Möglichkeit einer Abwahl von Beigeordneten eingeräumt“, teilt Björn Lakenmacher mit. Ähnlich sehen es Kersten Haase und Frank Selbitz als Vorsitzende der Fraktionen BVB/Freie Wähler und UBL, die AfD-Fraktion hat sich zu unseren Anfragen nicht geäußert.

 

„Es gibt kein Urteil, welches ein schuldhaftes Verhalten der Beigeordneten Rieckhof feststellt.“
Thomas Irmer, Vorsitzender der Fraktion SPD/Grüne/Linke/Wir für KW/BIS

 

Derweil hat die Fraktion SPD/Grüne/Linke/Wir für KW/BIS einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der derzeit vom Rechtsamt des Landkreises geprüft werde, wie der Landrat informiert. Die Fraktion möchte den Ausgang des Gerichtsverfahrens und eines möglichen Disziplinarverfahrens abwarten. „Ein Abwahlverfahren aufgrund von Vorwürfen“ lehne man ab, so die Fraktionsvorsitzende Andrea Lübcke. Ihr Co-Fraktionsvorsitzender Thomas Irmer ergänzt: „Es gibt kein Urteil, welches ein schuldhaftes Verhalten der Beigeordneten Rieckhof feststellt“, sagt er und nimmt Bezug auf den Fall Chris Halecker. Der einstige Erste Beigeordnete ist 2018 mit einer Mehrheit von 39 Abgeordneten abgewählt worden, nachdem Strafbefehl wegen der Veruntreuung von Vereinsgeldern gegen ihn erlassen worden war. Für Thomas Irmer sei vor diesem Hintergrund „abzuwarten, was ein Urteil feststellt“, deshalb sehe er zurzeit „keine Notwendigkeit der Abwahl“. Auch für seinen Fraktionskollegen Stefan Ludwig von den Linken, früher Brandenburgischer Justizminister, gilt die Unschuldsvermutung: Auch wenn für eine Abwahl die Verfahren nicht zwingend einbezogen werden müssten, gehöre es sich doch, eine Prüfung abzuwarten, sagt Stefan Ludwig.

 

8. Oktober

Die Kammer des Verwaltungsgerichts Cottbus lehnt den Eilantrag der Vizelandrätin gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ab. Es sei aller Voraussicht nach rechtmäßig, heißt es in einer Pressemitteilung vom 9. Oktober: So ein Verbot erfordere zwingende dienstliche Gründe und damit eine erhebliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs. Ein vorwerfbares Fehlverhalten der Beamtin sei ebenso wenig notwendig wie eine erschöpfende Klärung des ihr vorgeworfenen Sachverhalts. Zwingende dienstliche Gründe liegen nach Ansicht der Kammer vor: Es gebe hinreichende Anhaltspunkte für zwei Dienstvergehen der Antragstellerin, die geeignet seien, den Dienstbetrieb erheblich zu beeinträchtigen. Es bestehe zum einen der, möglicherweise auch strafrechtlich relevante, Anfangsverdacht, dem Landrat bewusst Informationen vorenthalten zu haben, zum anderen habe die Antragstellerin möglicherweise schwerwiegend gegen ihre beamtenrechtliche Treuepflicht verstoßen.

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Veröffentlichung

Mi, 02. Oktober 2024

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