Während allerorten Dorffeste mit vielen Unterhaltungsangeboten gefeiert werden, legte die erste Dorfmesse in Schönwalde kürzlich den Fokus auf die einheimische Wirtschaft. Wie geht es den Unternehmen in Zeiten anhaltender Krisen?
Von Andreas Staindl
Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. Sie war schon während des vergangenen Winterhalbjahrs geschrumpft und stagniert laut Statistischem Bundesamt. Besserung ist dem Monatsbericht der Bundesbank zufolge nicht in Sicht. Wie sind die Aussichten für Unternehmen im Landkreis Dahme-Spreewald? Eine momentane Bestandsaufnahme war kürzlich in Schönwalde möglich.
Der Ort im Unterspreewald hatte zur ersten Dorfmesse eingeladen. Unternehmen haben sich präsentiert, Vereine sich vorgestellt, Künstler das Publikum unterhalten. 46 Firmen und Gruppen insgesamt – „und alle aus Schönwalde und Umgebung“, sagt Schönwalds Bürgermeister Roland Gefreiter (parteilos). „Wir wollten zeigen, wie leistungsstark unsere Betriebe und wie engagiert unsere Menschen sind, uns aber auch bei Handwerkern und anderen Firmen bedanken. Sie tragen schließlich erheblich zu unserem Steueraufkommen bei. Und sie sind da, wenn man sie braucht. Wir können uns auf unsere Unternehmen verlassen“, sagt Roland Gefreiter.
„Die Unternehmen tragen erheblich zu unserem Steueraufkommen bei. Und sie sind da, wenn man sie braucht.“
Roland Gefreiter, Bürgermeister
Doch wie geht es den Firmen? Haben sie genügend Aufträge, zudem Fachkräfte, um diese auszuführen? Mit welchen Hürden haben sie zu kämpfen? Und was wünschen sie sich von der Politik? Hilft die Messe für die aktuellen Herausforderungen? Wokreisel hörte sich um:
„Die Messe ist für uns eine gute Möglichkeit zu zeigen, was wir können und wie viele verschiedenen Leistungen wir anbieten“, sagt Maria Ihl. „Und sie ist eine Chance, neue Kunden zu gewinnen.“ Die Geschäftsführerin führt gemeinsam mit ihrem Vater Dieter Ihl die Malerbetrieb Ihl GmbH & Co. KG in Schönwalde. Das Unternehmen gibt es inzwischen seit 35 Jahren. Es arbeitet für öffentliche und private Auftragsgeber. Mit derzeit 14 Mitarbeitern gehört der Malerbetrieb zu den größeren Arbeitgebern im Dorf wie Dieter Ihl sagt. Die Fachkräftekrise schlägt bei ihm noch nicht durch: „Wir haben einen festen Stamm, Mitarbeiter, die seit Jahren bei uns arbeiten. Und wir haben immer auch wieder gute Auszubildende.“ Die Firma bildet seit Jahren aus. Allerdings gebe es längst nicht mehr so viele Interessenten für einen Handwerksberuf wie noch vor Jahren, so der Chef.
Nachwuchsgewinnung: Kinder durften das Gärtnern probieren. Foto: Andreas Staindl
Diese Erfahrung hat auch Rüdiger Wenske von der KfZ-Werkstatt Wenske im benachbarten Ortsteil Waldow gemacht. „Wir könnten und wollen junge Leute ausbilden, doch es bewirbt sich niemand“, sagt er. „Der Nachwuchs hat offenbar keine Lust mehr aufs Handwerk. Dabei sind wir hervorragend ausgestattet, verfügen über modernste Technik. Junge Menschen könnten über Schülerpraktika bei uns reinschnuppern.“ Er versteht nicht, „warum sie diese Chance nicht nutzen. Die Politik müsste stärker darauf hin wirken“. Das Unternehmen in Waldow würde ihm zufolge gerne auch weitere Mitarbeiter einstellen: „Arbeit gibt es genug.“ Die Messe war eine Möglichkeit, auf den Meisterbetrieb in Waldow aufmerksam und vielleicht Lust auf das Handwerk zu machen.
„Weniger Bürokratie. Das würde unsere Arbeit erheblich erleichtern.“
Dieter Ihl, Malermeister
Doch Handwerksfirmen haben nicht nur mit fehlendem Interesse, sondern auch mit der Bürokratie zu kämpfen. „Die Anforderungen vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen sind enorm“, sagt Dieter Ihl. „Ein Angebot zu schreiben, wird immer komplexer. Nebenbei ist das nicht mehr zu leisten. Wir haben extra für diese Aufgabe eine zusätzliche Personalstelle geschaffen.“ Sein Wunsch an die Politik: „Weniger Bürokratie. Das würde unsere Arbeit erheblich erleichtern.“
Benjamin Thom hat die Dorfmesse vor allem dafür genutzt, den Besuchern die Leistungsfähigkeit und Möglichkeiten seines Elektriker-Betriebes vorzustellen. „Wir bieten intelligente und preiswerte Lösungen für Gebäude“, sagt der Inhaber des Elektro Meister Betrieb Thom (EMBT) in Krausnick (Unterspreewald). Er setzt auf die neuste Technik für Neubauten und Sanierung. Moderne Technik macht vor allem die Sanierung von älteren Häusern einfacher und schont zudem den Geldbeutel, „weil der Stromverbrauch optimiert und Energie eingespart wird“, wie er sagt. Maßnahmen zur Energieeinsparung sind gefragt. Benjamin Thom hat sich darauf eingestellt.
Praxis zum Anfassen: Benjamin Thom (vorn) war mit Mitarbeitern
seines Elektromeisterbetriebs bei der Dorfmesse in Schönwalde.
Foto: Andreas Staindl
Kann er den wachsenden Bedarf befriedigen? „Ja“, sagt der Elektro-Fachmann, „ich habe ausreichend und kompetente Mitarbeiter und würde bei Bedarf sicherlich weitere gewinnen können“. Was ist das Geheimnis, Fachkräfte nicht nur zu halten, sondern auch für das eigene Handwerksunternehmen zu gewinnen? Angebote und Arbeiten auf dem neuesten Stand der Technik sind sicherlich eine Erklärung. Zudem setzt er auf eine ´Vier-Tage-Arbeitswoche´-und das schon seit mehreren Jahren. „Dieses Modell hat sich bewährt. Es gefällt meinen Mitarbeitern. Sie haben jetzt mehr Zeit für ihre Familien und für Dinge, die ihnen wichtig sind“, sagt Benjamin Thom. „Und sie haben längere Wochenenden, sind erholter und damit motivierter und produktiver. Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren beide von einem solchen Modell.“
„Die Vier-Tage-Arbeitswoche hat sich bewährt. Es gefällt meinen Mitarbeitern. Sie haben jetzt mehr Zeit für ihre Familien und für Dinge, die ihnen wichtig sind.“
Benjamin Thom, Elektriker-Meister
Die Arbeitswelt verändert sich. Das bekommt auch die Freiwillige Feuerwehr zu spüren. „Dank Homeoffice sind jetzt auch am Tage mehr Kameradinnen und Kameraden vor Ort und im Ernstfall schnell zur Stelle“, sagt Mike Pöschk. Der Ortswehrführer der Freiwilligen Feuerwehr in Schönwalde hat zudem „Zulauf wie lange nicht. Zahlreiche unserer Zuzügler engagieren sich jetzt in unserer Feuerwehr“. Schönwalde hat während der vergangenen Jahre Wohngebiete entwickelt, Platz für Eigenheime und damit die Voraussetzungen geschaffen, dass sich Menschen aus anderen Regionen ansiedeln im Dorf im Unterspreewald. Vor allem Berliner und Leute aus anderen Metropolen haben diese Möglichkeit genutzt: erschwingliche Grundstücke, intakte Infrastruktur, attraktive Anbindung über die Straße und Bahn.
„Dank Homeoffice sind jetzt auch am Tage mehr Kameradinnen und Kameraden vor Ort und im Ernstfall schnell zur Stelle.“
Mike Pöschk, Ortswehrführer
Schönwalde ist interessant und offenbar reizvoll zugleich. Der Ortsteil der Gemeinde Schönwald, inklusive umliegender Orte, ist auch Heimat zahlreicher Unternehmen. „Für uns als Feuerwehr ist das positiv“, sagt Ellen Pöschk von der Freiwilligen Feuerwehr. „Zahlreiche unserer Kameradinnen und Kameraden arbeiten in Firmen hier in der unmittelbaren Region. Sie sind im Ernstfall schneller verfügbar, als wenn sie weiter weg arbeiten würden.“ Leistungsstarke Firmen bilden so auch die Basis eines sicheren Brandschutzes.
Gut besucht: Auch kulturell hatte die Dorfmesse viel zu bieten - hier mit Trommlern der Grundschule Schönwalde. Foto: Andreas Staindl
Zu den Unternehmen, die in Schönwalde präsent sind, gehört seit zwei Jahren auch der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). „Wir sind hier sehr gut aufgenommen worden“, sagt Sven Meier, Geschäftsführer des ASB Kreisverband Lübben. Der ASB ist mit einem Pflegestützpunkt vor Ort und damit nah an den Menschen im Unterspreewald. Ambulante Pflege, Vorträge, Veranstaltungen, Rehabilitationssport (Reha-Sport), enge Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat-der ASB ist fest etabliert im Dorf. Gibt es genügend Fachkräfte, um die Angebote abzusichern? „Fachkräfte sind nicht das Problem“, sagt Sven Meier. „Wir bilden auch aus, Bewerber sind da.“ Der ASB Kreisverband Lübben habe schon vor einigen Jahren attraktive Arbeits- und Rahmenbedingungen geschaffen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und vorhandene zu halten. Das zahlt sich offenbar aus. Sven Meier bewegt indes vielmehr, dass Pflege immer teurer wird, Pflegebedürftige die Kosten bald nicht mehr tragen können, ein Heimplatz fast unerschwinglich wird. Auch die Kosten für ambulante Pflege würden steigen und damit die Gefahr, dass bedarfsgerechte Pflege zunehmend vom Geldbeutel Betroffener abhängt.
Wie gehen er und alle anderen Aussteller und Akteure mit diesen und künftigen Herausforderungen um? Die Dorfmesse in Schönwalde bot zumindest Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. „Die Resonanz von Teilnehmern und Besuchern unsere Veranstaltung war hervorragend“, sagt Bürgermeister Roland Gefreiter. „Die Leute waren begeistert.“ Eine Wiederholung sei denkbar, jedoch nicht gleich im nächsten Jahr.