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Verbrannt, aber nicht vergessen

Zum dritten Mal fand in Eichwalde die „Lesung gegen das Vergessen“ statt – mit Büchern, die unter den Nationalsozialisten verbrannt worden waren. „Die Gedanken sind frei“ - damit begann die Schulband vom Humboldt-Gymnasium Eichwalde das Programm.

 

Von Birgit Mittwoch

 

Erich Kästner, Mascha Kaleko, Joachim Ringelnatz, Frank Wedekind, Stefan Zweig, Anna Seghers, Thomas Mann, Kurt Tucholsky….Auf dem kleinem Tisch der Buchhandlung „Komma“, aufgebaut an der Alten Feuerwache in Eichwalde, liegen viele Bücher dieser Autoren und Autorinnen. Es ist Weltliteratur, Nobelpreisträger sind darunter. Diese Bücher sollte es eigentlich nicht mehr geben. Bergeweise wurden die Werke der Schriftsteller, die die Nationalsozialisten als „nichtdeutsch“ und „zersetzende“ Literatur einstuften, am 10.Mai 1933 in 22 deutschen Universitätsstädten verbrannt. 132 Autoren und Autorinnen standen auf der „ersten amtlichen Schwarzen Liste für Preußen“ im Mai 1933.

 

Verbrannt, aber nicht vergessen. 92 Jahre später erinnern am 13. Mai Politiker, Promis, Schüler und Schülerinnen in Eichwalde an diese kulturelle Schandtat. Dazu eingeladen hatte der Kreisverband der „Linken“. Die Kreistagsabgeordnete Claudia Mollenschott und viele Helfer stellen am Dienstagnachmittag vor der Alten Feuerwache dutzende Stühle auf, verteilen Namensschilder auf den vorderen Plätzen u.a. für: Petra Pau (ehem. Vize-Bundestagspräsidentin), Walter Plathe (Schauspieler), Jörg Jenoch (Bürgermeister Eichwalde), Arnold Mosshammer (Zeitzeuge der Kesselschlacht in Halbe), Philipp Martens (Bürgermeister Zeuthen), Ramona Möller (Lehrerin a.D. Humboldt-Gymnasium). Schülerinnen und Schüler vom Humboldt-Gymnasium und der Paul-Dessau-Gesamtschule sind bereits angekommen. Die Schulband probt erste Töne auf Posaune, Trompete, Gitarre, Cello. 

 

Claudia Mollenschott ist etwas aufgeregt - werden alle Eingeladenen auch kommen, sind sie pünktlich, reichen die Stühle und Bänke für die Gäste? Um 15.30 Uhr ist dann klar: alle Lesenden, alle Musiker, alle Sänger sind da, nur Bürgermeister Philipp Martens muss wegen seines erkrankten Kindes passen und lässt sich vertreten. Gut 100 Zuhörerinnen und Zuhörer sind gekommen, fast alle Stühle und Bänke sind besetzt.

 

 Rund 100 Besucher waren gekommen, darunter einige Passanten, die bis zum Ende sitzen blieben. Foto: Birgit Mittwoch

Rund 100 Besucher waren gekommen, darunter einige Passanten, die bis zum Ende sitzen blieben. Foto: Birgit Mittwoch

 

Mit „Die Gedanken sind frei“ beginnt die Schulband vom Humboldt-Gymnasium Eichwalde das Programm. Bedrückend danach die „12 Thesen wider den undeutschen Geist“, im April 1933 veröffentlicht, heute vorgetragen von Schülerinnen. Thesen, die damals auf Plakaten und Flugblättern verbreitet wurden und die die Bücherverbrennungen ideologisch vorbereiteten. Zitat: „Es klafft heute ein Widerspruch zwischen Schrifttum und deutschem Volkstum. Dieser Zustand ist eine Schmach.“ 

 

Walter Plathe brachte mit Episoden vom "Braven Soldaten Schwejk" humorvolle Töne in die Veranstaltung. Foto: Birgit MittwochDamit wurde auch der Schriftsteller Erich Kästner von den Nazis gebrandmarkt. Aus dessen Werk „Über das Verbrennen von Büchern“ liest Arnold Mosshammer, einer der nur noch wenigen Zeitzeugen der Kesselschlacht von Halbe. Wie nahe die Rhetorik der Nazis der heutigen AfD-Rhetorik ist, stellt Petra Pau in ihrem Beitrag mit Zitaten aus „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen“ von Erich Kästner beklemmend dar. Berührend dagegen die Lieder der Musikerin Isabel Neuenfeld. Sie hat Gedichte der Lyrikerin Mascha Kaleko eindrucksvoll vertont und spielt sie auf ihrem Akkordeon. Manch einer der Gäste wischte sich da Tränen aus dem Augen. 

 

 Auch der Eichwalder Bürgermeister Jörg Jenoch und Peter Schulz, Gemeindevertreter aus Zeuthen, leihen den damals verbotenen Autoren Henry Barbusse und Joachim Ringelnatz ihre Stimme. Etwas Heiterkeit bringt Schauspieler Walter Plathe mit Episoden aus „Der brave Soldat Schwejk“ in die Veranstaltung (Foto). Ein Buch von Jaroslaw Hasek, das 1933 auch auf dem Scheiterhaufen der Bücherverbrennung landete. Nicht nur diese Passage daraus wird den Nazis missfallen haben: „Der Krieg nimmt ein schnelles Ende, wenn der Soldat nicht kämpft, sondern rennt.“

 

„Wir sind müssen nicht die Verantwortung für das Vergangene übernehmen, aber alles dafür tun, dass sowas nie wieder passiert“, so das Fazit von Moderatorin Claudia Mollenschott am Ende der Veranstaltung „Lesen gegen das Vergessen“. Während des rund 90minütigen Programms bleiben immer wieder Passanten, die zufällig vorbei kommen, stehen und hören zu. Einige bleiben bis zum Schluss. 

 

Petra Pau, von Wokreisel befragt, findet dieses „Lesen gegen das Vergessen“ wichtig, besonders mit Blick auf die Gegenwart und den aktuellen Zustand in Deutschland und der Welt. Auch Walter Plathe ist der Einladung nach Eichwalde gern gefolgt. „Ich will auf meine Art den Leuten diese Literatur nahebringen, Literatur aus einer Zeit, in der sie nicht gelesen werden durfte.“

 

 Statt eines Honorars gab es am Ende eine Rose für die Mitwirkenden. Foto: Birgit Mittwoch

Statt eines Honorars gab es am Ende eine Rose für die Mitwirkenden. Foto: Birgit Mittwoch

 

Das „Lesen gegen das Vergessen’“ fand bereits zum dritten Mal in Eichwalde statt.  „Stetig konnten wir mehr Zuhörerinnen und Zuhörer dafür interessieren“, blickt Claudia Mollenschott zurück. Organisiert haben es neben der Linken im Landkreis auch das Bündnis für Demokratie aus Eichwalde und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA). „Wir wollen unser Anliegen in die Breite tragen“, so Mollenschott. Besonders hat sie sich gefreut, dass sich einige Schüler ganz von selbst bei ihr gemeldet hatten, um etwas zum Programm beizutragen.

 

Am Ende gibt es statt Honorar eine rote Rose für jeden Mitwirkenden.

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Veröffentlichung

Do, 15. Mai 2025

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