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Auch wenn Einsätze in Katastrophengebieten wie kürzlich im Ahrtal zu den Ausnahmen gehören, steigen die Anforderungen an die Feuerwehren im Landkreis - bei gleichzeitig zunehmenden Fehlalarmen. Es sei Zeit, über Berufswehren nachzudenken, sagt Kreisbrandmeister Christian Liebe.
Von Andreas Staindl
Fluthilfe, Waldbrände, technische Hilfeleistung. Die Aufgaben der Feuerwehr im Landkreis Dahme-Spreewald werden immer komplexer. „Die Anforderungen an unsere Kameradinnen und Kameraden steigen“, sagt Christian Liebe (43). Der Kreisbrandmeister verweist etwa auf den Einbau moderner Technik in Gebäuden, immer mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen und die Zunahme des Güterverkehrs. Rund 3200 Einsatzkräfte stehen den Feuerwehren im Landkreis Dahme-Spreewald zur Verfügung. Bis auf die mit hauptamtlichen Kräften besetzte Wache in Königs Wusterhausen engagieren sich alle anderen Kameradinnen und Kameraden ehrenamtlich. „Sie sichern den Brand-und Katastrophenschutz“, sagt Christian Liebe. „Wir können uns auf unsere 165 Ortsfeuerwehren verlassen.“ Auch dann, wenn Einsätze die Vorstellungskraft der Beteiligten sprengen. So wie im Ahrtal.
Die Region in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz leidet unter der Flutkatastrophe im Juli dieses Jahres. Zehntausende Menschen sind betroffen. Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind ums Leben gekommen. Wohnhäuser und Infrastruktur wurden zerstört, Existenzen vernichtet. Externe Hilfe und Unterstützung kam kurz nach der Katastrophe auch aus dem Land Brandenburg. Etwa 250 märkische Feuerwehrleute waren vor Ort. Der Landkreis Dahme-Spreewald war mit rund 30 Kameradinnen und Kameraden dabei. „Wir haben humanitäre Hilfe geleistet“, sagt der Kreisbrandmeister. „Der Einsatz war sehr außergewöhnlich. Unsere Leute haben beispielsweise vollgelaufene Keller ausgepumpt, nassen Putz von den Wänden geschlagen, geholfen, dass die betroffene Bevölkerung wieder auf die Beine kommt. Unser humanitärer Einsatz ist bei den Menschen im Ahrtal sehr gut angekommen.“ Etwa zwei Wochen waren Feuerwehrleute aus dem Landkreis Dahme-Spreewald im Flutgebiet. „Dieser Einsatz“, sagt Christian Liebe, „ging an die Grenzen. Das, was unsere Kameradinnen und Kameraden dort gesehen und erlebt haben, war außerhalb ihrer Vorstellungskraft und wirkt sicherlich lange nach. Wir haben den Beteiligten psychologische Hilfe angeboten.“
Ohnehin haben die Corona-Einschränkungen seit rund eineinhalb Jahren auch am Nervenkostüm der Mitglieder in den Freiwilligen Feuerwehren gezerrt. „Die Kameradschaft ist auf der Strecke geblieben“, sagt Christian Liebe. „Schulungen wurden abgesagt, der direkte Austausch hat nicht mehr stattgefunden oder wurde in den digitalen Bereich verlegt. Es war eine schwierige Zeit, die wir aber offenbar ohne große Verluste von Mitgliedern überstanden haben.“ Also zufrieden zurücklehnen? „Auf keinen Fall“, sagt der Feuerwehrchef. „Wir brauchen weitere Menschen, die sich in der Feuerwehr engagieren. Nachwuchsarbeit ist deshalb besonders wichtig. Nur über diesen Weg können wir auch künftig den Brand-und Katastrophenschutz sichern.“ Und die Tageseinsatzbereitschaft.
Noch ist die Einsatzbereitschaft am Tage gewährleistet – zumindest theoretisch. „Manchmal“, sagt Christian Liebe, „ist die Absicherung von Einsätzen am Tage schon kritisch, weil nicht genügend Einsatzkräfte zur Verfügung stehen. Bisher kann die Einsatzbereitschaft durch Alarmierung zahlreicher Feuerwehren gleichzeitig noch als sichergestellt betrachtet werden.“ Dies heißt aber nicht, dass alles problemlos läuft. Zwar sind Arbeitgeber verpflichtet, Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr für Einsätze und Ausbildung freizustellen, doch ein Selbstläufer ist das nicht. „Auch Arbeitgeber haben Leistungsdruck, müssen Verträge und Termine einhalten“, sagt Christian Liebe. „Gerade für kleinere Betriebe ist es problematisch, wenn Mitarbeiter wegen Einsätze freigestellt werden müssen.“ Die Aktion „Partner der Feuerwehr“ des Landesfeuerwehrverbands Brandenburg soll zumindest das Verständnis und Engagement von Arbeitgebern anerkennen, die ehrenamtliche Feuerwehrleute beschäftigen und diese bei der Ausübung ihrer Pflichten unterstützen. Auch zahlreiche Unternehmen im Landkreis Dahme-Spreewald haben das Förderschild „Partner der Feuerwehr“ inzwischen erhalten.
Und doch suchen die Träger des Brandschutzes nach weiteren Wegen, die Tageseinsatzbereitschaft zu verbessern: durch die Einstellung von Feuerwehrleuten bei kommunalen Arbeitgebern etwa. „Das wird schon länger gemacht und funktioniert auch“, sagt der Kreisbrandmeister. „Doch auch das hat Grenzen, weil nicht jeder immer im Ernstfall verfügbar ist.“ Hinzu kommt die Jobbörse des Kreisfeuerwehrverbandes, wo Stellenangebote veröffentlicht werden, die sich explizit auch an Feuerwehrleute richten. Gast-Feuerwehrleute sind eine weitere Möglichkeit, die Tageseinsatzbereitschaft zu sichern. Kameradinnen und Kameraden sind im Ernstfall nicht in ihrem Heimatort, sondern am Ort ihrer beruflichen Tätigkeit im Einsatz. „Das gibt es auch in unserem Landkreis, ist jedoch ausbaufähig“, sagt der Kreisbrandmeister. Ganz einfach ist diese Variante ihm zufolge nicht: „Die Feuerwehrleute müssten sich an der Ausbildung in ihrer Heimatwehr und der Ortsfeuerwehr in ihrem Arbeitsort beteiligen. Eine Doppelbelastung, die nicht zu unterschätzen ist.“
Die dünne Personaldecke und immer weniger Menschen, die sich freiwillig engagieren, auf der einen sowie die immer komplexer werdenden Anforderungen an die Kameradinnen und Kameraden auf der anderen Seite lassen für den Feuerwehrchef des Landkreises Dahme-Spreewald nur einen Schluss zu: „Ehrenamtlich ist das auf Dauer alleine nicht zu stemmen. Wir sollten beginnen, schrittweise über hauptamtliche Kräfte in den Feuerwehren nachzudenken. Nur so lässt sich der Brand- und Katastrophenschutz auch künftig gewährleisten.“
Nicht immer sind es die großen, spektakulären Einsätze, zu denen die Kameradinnen und Kameraden ausrücken. Auch Fehlalarme sind zunehmend ein Thema wie Christian Liebe sagt. Er geht davon aus, dass die Zahl der Fehlalarme weiter steigt. Rauchmelder sind ihm zufolge eine der Ursachen. Sie sind seit Anfang dieses Jahrs Pflicht in Wohnungen und Wohngebäuden im Land Brandenburg. Das Nachlassen der Batterieleistung, Verschmutzung und fehlende Wartung etwa könne zu Fehlalarmen führen. Auch Brandmeldeanlagen in Betrieben und öffentlichen Gebäuden sorgen aus unterschiedlichen Gründen immer wieder für Fehlalarme. Der Kreisbrandmeister hält diese Anlagen dennoch für sinnvoll: „Wir brauchen sie, um rasch alarmiert zu werden und Brände im Ernstfall schnell in den Griff zu bekommen. Ohne diese Anlagen hätten wir deutlich mehr Großbrände.“
Christian Liebe zufolge sind die Feuerwehren im gesamten Landkreis Dahme-Spreewald technisch so ausgestattet, dass sie ihre Aufgaben lösen können: „Die Kameradinnen und Kameraden im Norden haben allerdings andere Herausforderungen zu meistern, als die im Süden. Das hängt auch mit der unterschiedlichen Gebäude-und Infrastruktur zusammen, die jeweils spezielle Technik erfordert.“ Wie wichtig Ausstattung und Ausrüstung sind, hat ihm das Corona-Virus mit allen seinen Folgen gezeigt: „Wir müssen Lagerbestände mit Bekleidung und Ausrüstung anlegen, um nicht von Lieferanten in anderen Teilen der Welt abhängig zu sein und unsere Kameradinnen und Kameraden schützen zu können. Eine Herausforderung wie Corona kann uns immer wieder treffen. Ich möchte, dass wir darauf vorbereitet sind.“
Quelle: Stadt Königs Wusterhausen
§ 24 - Öffentliche Feuerwehren
§ 26 - Aufnahme und Heranziehung von ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen
Quelle: Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz
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