In diesem Jahr, das die Dachmarke „Kulturland Brandenburg“ dem Thema Industriekultur gewidmet hat, haben die Aquamediale-Macher Anika Meißner und Harald Larisch versucht, die Wechselbeziehungen zwischen Kunst und Handwerk in den Blick zu nehmen. Die Aquamediale „ruft internationale Künstlerinnen und Künstler und nationale Handwerker auf, das Thema ‚Kunst & Handwerk im Zeitalter künstlicher Intelligenz‘ in einem gemeinsamen Projekt zu realisieren, die Ergebnisse in die Spreelandschaft um Schlepzig und zur Diskussion zu stellen“, heißt es im Konzept. Geplant war, dass die eingeladenen Künstler mit einheimischen Handwerkern zusammenarbeiten. Wegen der Pandemie ist das nicht im geplanten Umfang gelungen, was einige Aquamediale-Künstler in ihren Kurzinterviews auf dem Online-Portal art-in-berlin.de sehr bedauern. Während der Arbeitsphase gab es einen strengen Lockdown, der mit Eröffnung der Aquamediale am 5. Juni beendet war.
Einer, der dennoch mit eingeladenen Künstlern zusammengearbeitet hat, war der Schlepziger Künstler Achim Nocka, der nach Ausflügen in die Schriftkunst, die Grafik und die Steinbildhauerei heute Skulpturen aus Totholz gestaltet. Er half Dan Farberoff und David Behar Perahia dabei, ihr Kunstwerk „Archa“ mit Spreewälder Holz und blau bedruckten Leinen am Schlepziger Hafen aufzubauen.
Aus Spreewälder Holz und blau bedruckten Leinen haben Dan Farberoff und David Behar Perahia eine Installation geschaffen, die wahlweise einem Segelboot gleicht oder einem Zelt. Von dannen ziehn aus dem Vertrauten oder sich in den Schutz der „Archa“ begeben? Die über einen Lautsprecher in die „Archa“ eingespielten Texte von Edith Baatz lassen eine innere Freiheit erahnen, die so eine Frage vergessen macht.
Achim Nocka hat mit den beiden Künstlern Holz gesucht, sortiert, verschraubt und probeweise auf seinem Grundstück aufgebaut – selbstverständlich ehrenamtlich, wie er sagt. „Wir hatten viel Spaß miteinander, es war ein schöner Austausch“, erzählt er. Ihm habe gefallen, wie gut sich beide Künstler ergänzen – der eine der Mann am Bildschirm, der andere fürs Handwerkliche zuständig. Und auch andere Werke gefallen ihm gut, etwa die große Kugel von Gong Zhang. „Sie hat viele Fantasien angekurbelt: unser Erdball, der dunkel ist…“, lässt er den Satz vielsagend offen. Welche Inspiration nimmt er aus der gemeinsamen Zeit mit den Künstlern mit? „Ich durfte leider nicht bei der Aquamediale mitmachen, warum auch immer“, sagt er. „Ein bisschen Schluckauf hatte ich deswegen schon.“ Schließlich sei das Thema ja Handwerk und Kunst, das hätte super gepasst. „Ich hatte auch schon eine Idee, die ich gerne umgesetzt hätte“, erzählt er.
Auch Bernhard Gowinkowski, Maler aus Löpten, war enttäuscht: „Und wie immer, die einheimischen Künstler schauen wieder zu ...“, kommentierte er einen Facebook-Eintrag der Bundestagsabgeordneten Sylvia Lehmann, die von der Vernissage der Aquamediale berichtete. Am 5. Juni war der Frühjahrslockdown gerade zwei Wochen vorbei, die Open-Air-Veranstaltung fand dennoch nur für geladene Gäste statt. „Auch sonst habe ich nichts von der Aquamediale mitbekommen“, sagt Bernhard Gowinkowski. Über den Künstler-Verteiler des Landkreises, über den auch sonst Informationen zu Ausstellungen oder jüngst zum Tag des offenen Ateliers laufen, habe er nichts erhalten. „Leider sind bei der Aquamediale immer auswärtige Künstler vertreten, wir gehen leer aus“, kritisiert er.
„Den Mythos Natur in seiner heilen Ausführung zu hinterfragen, die Erwartungshaltungen der Einheimischen und Besucher zu irritieren und diese für Probleme ganz anderer Art zu sensibilisieren“, ist laut Homepage der Kerngedanke der Aquamediale. Es geht um Wechselwirkungen zwischen Handwerk und Kunst, Digitalisierung und Technologie, Natur und Folgen von Eingriffen in die Natur. Da tauchen schwarze Kugeln im Laubgeäst auf, und korallenähnliche, weiße Gebilde in und an der Spree, bunte oder untergehende Kähne, Holzstücke im Wasser, Tierskulpturen aus Stoffbahnen, beleuchtete, grüne Flaschen, bunte Formen, die wie Weihnachtskugeln im Baum hängen, und ein pink-buntes Wandbild von Robin Zöffzig, dessen beinahe-Akt „Nico in Lübben“ einst die Gemüter der benachbarten Kreisstadt Lübben erhitzte.
Eine Candy-Flip-Flop-Welt nennt Robin Zöffzig die Welt, die sein Werk „El Dorado“ zeigt. Eine Welt aus Synthetik, in der die Blumen aus Plastik sind. Wie holen wir uns die Natur zurück? Hier in Schlepzig, an der Backsteinwand zwischen Destille und Fließ, scheint die Antwort nicht weit entfernt zu sein.
Welche mediale Wahrnehmung erzeugt die Aquamediale? Der Landkreis stellt eine „steigende überörtliche Wahrnehmung und Bedeutung der Aquamediale und ihrer festen Verankerung im Brandenburger Kultursommer“ fest. „Beispielhaft können hier Berichte in TV-, Radio- und Printmedien allgemeiner Art und in speziellen Kunst- und Kulturformaten angeführt werden“, so Kreissprecherin Kathrin Veh. Allerdings: Die Aquamediale findet vor allem in der regionalen Presse und im rbb-Fernsehen Beachtung – anders als etwa das derzeit in Lieberose und früher an anderen Orten in Brandenburg beheimatete Kunstfestival Rohkunstbau, das mit der diesjährigen Schau einen großen Widerhall etwa in der Hauptstadtpresse erzeugt hat.
Dass wohl auch die Aquamediale dorthin strebt, wird durch die Werbung auf der Berliner Kunstplattform Art-in-Berlin.de im nicht-redaktionellen Bereich bzw. im Bereich des Sponsored Content, aber auch durch Teile des Rahmenprogramms deutlich: Live-Streams von DJ-Größen wie Dr. Motte, Thomas Lizarra oder Pretty Pink und Kooperationen mit dem Stork-Whiskey-Club in Schlepzig zielen offenbar auf ein jüngeres, urbanes Publikum ab. Während die Aufrufe der DJ-Streams auf dem Youtube-Kanal des Künstlerhauses oder direkt auf den DJ-Kanälen in die Zehntausende gehen, werden die Videos zur Aquamediale-Kunst indes eher im niedrigen zwei- bis dreistelligen Bereich abgerufen. Im Bereich der Sozialen Netzwerke folgen der Aquamediale rund 560 Menschen auf Instagram und 1270 auf Facebook. Dort werden Veranstaltungshinweise und Bildberichte zur Arbeit der Künstler gepostet – und mit den Social-Media-Präsenzen des Künstlerhauses Eisenhammer verlinkt.