Arztpraxis für Serienkiller gesucht…
Di, 15. August 2023
Kultur habe keine Lobby, hieß es während des Lockdowns häufig. Aber wer ist die Kultur, mit welcher Stimme spricht sie? Die Suche in Dahme-Spreewald erzeugt viele Töne…
Von Ingrid Hoberg
In Zeiten der Pandemie, der Einschränkung in allen Lebensbereichen, hat sich gezeigt, dass Kunst und Kultur, Künstler und Kulturschaffende kein gemeinsames Sprachrohr haben, um ihre Interessen öffentlich in der Gesellschaft zu vertreten. Auch im Landkreis Dahme-Spreewald stellt sich die Frage: Wie organisiert ist die Kultur? Das Thema ist aber nicht nur unter Corona-Bedingungen aktuell – auch wenn sich Probleme wie in einem Brennglas gezeigt haben.
Zu den lokalen Kulturakteuren gehört der Verein Freundeskreis Kornspeicher Straupitz (Amt Lieberose/Oberspreewald). Ein beliebtes Ausflugsziel zwischen Burg (Spreewald), Schwielochsee und Lieberoser Heide ist der Speicher. Seit 2. Juni ist dort wieder die Einkehr zu Kaffee und Kuchen im Außenbereich möglich. Und die Ausstellung über drei Etagen im historischen Gebäude kann besucht werden. Die Veranstaltungspläne waren in Straupitz ebenso geplatzt wie bei allen anderen Kultur- und Kunstschaffenden. Dennoch gewinnt Vereinsmitglied Simone Seeliger der Situation nicht nur negative Aspekte ab. „Es war unkompliziert, Fördermittel aus dem Jahr 2020 ins Jahr 2021 zu übernehmen“, sagt sie. So konnten Gelder für die Neuanschaffung der Straupitzer Tracht genutzt werden. „Kulturmittel wurden für die Kultur gelassen und nicht umgeleitet“, stellt die Straupitzerin fest.
Was Simone Seeliger aber vermisst, ist der Schulterschluss der Kultur- und Veranstaltungsmacher. Vor zwei Jahren habe sich der Freundeskreis in das Kunstfestival Aquamediale eingebracht – auch in der Hoffnung, dass sich damit die Vernetzung in der Region entwickeln würde. Doch auf dieser Strecke sei nichts passiert. „Grundsätzlich ist eine Verbesserung notwendig“, sagt sie. Die Veranstalter sollten sich besser abstimmen, um sich Zuschauer nicht gegenseitig abzuziehen.
„Eine gemeinsame Plattform müsste geschaffen werden.“
Simone Seeliger, Kornspeicher
„Eine gemeinsame Plattform müsste geschaffen werden“, so die Straupitzerin. Eine Hoffnung setzt sie in das Projekt der Museumspädagogen, das im April im Landkreis Dahme-Spreewald gestartet ist. „Der Kornspeicher ist eine Herzensprojekt, wir sind für eine Zusammenarbeit gesprächsbereit“, sagt Simone Seeliger. Vielleicht könnte eine App für Führungen durch die Ausstellung erarbeitet werden. Manchmal gibt es nämlich personelle Probleme dieses Angebot aufrechtzuerhalten.
Im Norden des Landkreises ist Ronni Krzyzan zu Hause. Sie ist leidenschaftliche Chorsängerin im Gemischten Chor Königs Wusterhausen und seit mehr als 30 Jahren im Sängerkreis Königs Wusterhausen in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich tätig. Der Sängerkreis KW ist Interessenvertreter der Mitgliedschöre des Landkreises im Brandenburgischen Chorverband. Bedarf für eine weitere Organisation, die die Interessen der Sängerinnen und Sänger vertritt, sieht sie nicht. „In Deutschland ist schon vieles überorganisiert“, meint sie.
Was Ronni Krzyzan aber auch vermisst, ist ein gemeinsamer Veranstaltungskalender. „Der Versuch, bei verschiedenen Touristinformationen Aufnahme in die Kalender zu finden, ist gescheitert“, stellt sie fest. Als Beispiel, wie es anders geht, nennt sie Das Kulturwerk ZEWS+KW. Auf dessen Portal kulturwerk.info - lebensart entlang der Dahme - sind Veranstaltungen der fünf am südöstlichen Stadtrand Berlins gelegenen Gemeinden zu finden. „Das ist die richtige Denke!“, stellt Ronni Krzyzan fest.
Erst singen vorm Kornspeicher (Männerchor Zeuthen)...
... anschließend Kahnfahren in Straupitz beim Kreis-Chorfest 2014.
Vernetzen sieht sie als wichtigen Ansatz – um gemeinsam Fördermittel zu beantragen (was nicht jedem leicht falle), um Veranstaltungen zu organisieren. „Ein Chorkonzert mit einer Ausstellung verbinden – das ist doch toll!“, schwärmt sie und erinnert an die Lange Nacht der Musik in Königs Wusterhausen, bei der Künstler der Region ihre Werke in der Kreuzkirche ausstellten und Christiane Scheetz Orgel spielte. Aber es sei schwierig, Leute für die Organisation zusammenzubringen. Jeder habe mit sich zu tun, so die Erfahrung von Ronni Krzyzan.
„Ein Chorkonzert mit einer Ausstellung verbinden – das ist doch toll!“
Ronni Krzyzan, Sängerkreis KW
Wie geht es den Künstlern, die als „Einzelkämpfer“ ihren Lebensunterhalt bestreiten, wie organisiert sind sie im Landkreis Dahme-Spreewald? Diese Frage ließe sich vielleicht an Henry Krzysch weiterleiten, der zwar in Calau im Nachbarlandkreis Oberspreewald-Lausitz lebt, sich aber als Spreewaldmaler sieht und zurzeit in der Vertikalen Galerie in Lübben seine Ausstellung „Landschaft & innerer Plan“ vorstellt. Für den 30. Juni ist ein Künstlergespräch geplant.
Einer der weiß, wie es den Freiberuflern in der aktuellen Situation geht, ist Sieghard Auer. Er arbeitet in Mittewalde-Töpchin in einer Ateliergemeinschaft als Architekt und als Raumkünstler/Bildhauer. Und er ist immer noch Sprecher des Künstlerbeirats K6 des Landkreises Dahme-Spreewald. Allerdings sei der Beirat „eine alte Geschichte“, so Sieghard Auer. „Wir werden nicht mehr gefragt.“ Was vor etwa zehn Jahren als beratendes Gremium gedacht war, sei eingeschlafen. Einige Hoffnung setzt er nun in den neuen Kulturdezernenten. Stefan Wichary ist seit diesem Frühjahr Beigeordneter und Dezernent für Soziales, Jugend, Gesundheit und Kultur.
„Kunst am Bau muss wieder mehr Aufträge bekommen."
Sieghard Auer, Sprecher des Künstlerbeirates K6
Auer kritisiert gegenwärtig, dass regionale Kunst nur noch spärlich in der Öffentlichkeit vertreten sei. In der Vergangenheit habe es eine andere Wahrnehmung gegeben. „Kunst am Bau muss wieder mehr Aufträge bekommen, wenn es um öffentliche Ausschreibungen geht“, betont er. Und er vermisst ein Kompendium mit den im Landkreis tätigen bildenden Künstlern. „Jeder hat sein eigenes Adressbuch, es gibt keine Kooperation“, stellt Sieghard Auer fest.
Dass sich daran etwas ändert, liegt gegenwärtig in den Händen von Herbert Schirmer. Er hatte sich an der Ausschreibung für den neuen Atelierführer des Landkreises beteiligt. „Nach zehn Jahren ist der Band ‚Ateliers und Werkstätten‘ vergriffen“, sagt er. Im neuen Atelierführer werden alle Künstler, auch Laienkünstler, vertreten sein. „Das ist eine demokratische Geschichte“, betont Herbert Schirmer und hat sich eine Fleißarbeit vorgenommen. Etwa 90, vielleicht auch mehr, Künstler wird er demnächst persönlich treffen, Gespräche führen, die Auswahl der Objekte besprechen, die ein Fotograf anschließend ins Bild setzt. Ein Jahr Zeit ist dafür eingeplant. „Das ist eine Herausforderung“, stellt er fest.
Darüber hinaus ist Herbert Schirmer als Kurator mit der Vorbereitung der nächsten Spektrale befasst. „Es gibt im nächsten Jahr die 10. Ausgabe: ‚Zurück zu den Wurzeln‘“, erklärt er. Das heißt auch, dass die Spektrale nach Lübben zurückkehrt. „Es gibt mit der Stadt Gespräche, dass die Rathausgalerie zur Verfügung steht“, wagt Herbert Schirmer einen Ausblick. Die Lübbener Stadtverordneten haben sich grundsätzlich für die Ausrichtung der Spektrale ausgesprochen, möchten aber Sitzungsprotokollen des Bildungs- und Hauptausschusses zufolge über die Vertragsgestaltung zwischen Stadt und Landkreis informiert werden. Drei Künstler aus dem Landkreis Dahme-Spreewald können nach Vorstellung von Herbert Schirmer dabei sein – Künstler, die Objekte in der Natur realisieren. Positiv aufgenommen wurden nach seiner Erfahrung die Schulprojekte, die die Lübbener Sebastian Franzka und Karen Ascher sowie Michael Brendel aus Steinreich betreut haben.
INFO
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