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Gedenken als lebendige Bildungsarbeit

Der Gedenkort Lieberose/Jamlitz wurde jahrelang mit viel ehrenamtlicher Arbeit aufgebaut. Seit Sommer gehört er zur Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, kürzlich hat eine bewegende Gedenkveranstaltung stattgefunden. Wie geht es am Standort weiter?

 

Von Ingrid Hoberg

 

Die Lieberoser und Jamlitzer wollen nicht nur auf das dunkelste Kapitel in ihrer Ortsgeschichte reduziert werden: Es gibt ein lebendiges, gemeinschaftliches Leben mit Festen, Kunst und Kultur – in einer wunderbaren Landschaft, der Lieberoser Heide. Doch zur Geschichte der beiden Orte gehören eben auch die schrecklichen Erinnerungen – an erschütternde Geschehnisse im Konzentrationslager, das vor 80 Jahren errichtet wurde und von 1943 bis 1945 als Außenlager von Sachsenhausen bestand. Auf dem gleichen Areal, in den vorhandenen Baracken, richtete danach der sowjetische Geheimdienst NKWD von 1945 bis 1947 das Speziallager NR. 6 ein.

 

Der Errichtung des KZ-Außenlagers Lieberose am 9. November 1943 wird alljährlich gedacht – kürzlich zum 80. Mal. Dazu wurden ein jüdisch-christlicher Gottesdienst und eine Buchpremiere veranstaltet. Es war die erste Gedenkveranstaltung zur Geschichte des KZ-Außenlagers, seit der Gedenkort Lieberose/Jamlitz im Juli 2023 in die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten integriert worden ist. 

 Den jüdisch-christlichen Gedenkgottesdienst in der Lieberoser Landkirche gestalteten Rabbiner Andreas Nachama und der evangelische Pfarrer Wolfgang Krautmacher. Foto: Ingrid Hoberg

Den jüdisch-christlichen Gedenkgottesdienst in der Lieberoser Landkirche gestalteten Rabbiner Andreas Nachama und der evangelische Pfarrer Wolfgang Krautmacher. 

 Im Justus-Delbrück-Haus kamen Rabbiner Andreas Nachama, Ran Ronen vom Zentralrat der Juden, Buchautor Gianfranco Ceccanei und Historiker Andreas Weigelt (v.l.) ins Gespräch. Foto: Ingrid HobergIm Justus-Delbrück-Haus kamen Rabbiner Andreas Nachama, Ran Ronen vom Zentralrat der Juden, Buchautor Gianfranco Ceccanei und Historiker Andreas Weigelt (v.l.) ins Gespräch. 

 Ran Ronen überbrachte während der Buchpremiere im Justus-Delbrück-Haus ein Grußwort des Zentralrats der Juden in Deutschland. Foto: Ingrid HobergRan Ronen überbrachte während der Buchpremiere im Justus-Delbrück-Haus ein Grußwort des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Fotos: Ingrid Hoberg

 

In der Evangelischen Landkirche zu Lieberose, am Markt neben der Ruine der Stadtkirche, fand der Gedenkgottesdienst statt, den Rabbiner Andreas Nachama aus Berlin und Pfarrer Wolfgang Krautmacher von der Lieberoser Gemeinde gemeinsam mit Gemeindegliedern und Gästen feierten. Im Anschluss gab es eine Buchpremiere im Justus-Delbrück-Haus, Akademie für Mitbestimmung im Bahnhof Jamlitz. Gianfranco Ceccanei, gemeinsam mit Bodo Förster Herausgeber des Buchs „Italienische Deportierte in Berlin und Brandenburg 1943 – 1945, III“, stellte die Publikation vor. Zu den Gästen gehörte an diesem Tag auch Ran Ronen vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Er ist seit fünf Jahren beim Zentralrat für die Gedenkstättenarbeit zuständig und war aus Israel angereist, wo er seit zwei Jahren lebt. „Das ist mein erster öffentlicher Auftritt – es ist sonst zu gefährlich. Doch ich wusste, ich fahre zu Freunden und fühle mich beschützt“, sagte Ronen. Er sei positiv überrascht, wie viel Bereitschaft es seit Jahren gebe, an diesem Ort des Gedenkens mitzuarbeiten, nicht zu vergessen und immer wieder zu mahnen. 

 

Welchen Rang die Gedenkstätte Lieberose/Jamlitz hat, verdeutlicht die im Juli 2023 erfolgte Integrierung in die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. „Es ist der bedeutendste Ort der Shoah in Brandenburg“, sagt Pressereferent Horst Seferenz. Bereits seit einigen Jahren ist die Stiftung Partner der Dokumentationsstätte gewesen, hat am Entwicklungskonzept und der Umsetzung mitgewirkt. Die Evangelische Kirchengemeinde Lieberose und Land hatte als Träger seit den 1990er Jahren die Gedenkstättenarbeit und die ehrenamtliche Tätigkeit des Lieberoser Historikers Andreas Weigelt ermöglicht. Im Juni 2003 waren am Kiefernweg im nördlichen Teil des ehemaligen Lagergeländes zwei getrennte historische Freiluftausstellungen eröffnet worden. In die Darstellung des KZ-Außenlagers wurden an der Nordgrenze des Geländes letzte bauliche Relikte des Lagers einbezogen worden.

 Der Audioweg Jamlitz startet am Bahnhof: Auf seiner Spur lässt sich die Geschichte des Ortes Jamlitz erkunden. Foto: Ingrid HobergDer Audioweg Jamlitz startet am Bahnhof: Auf seiner Spur lässt sich die Geschichte des Ortes Jamlitz erkunden. 

Fotos: Ingrid Hoberg

 Der Gedenk- und Erinnerungsort Jamlitz bezieht sich auf die besondere Bedeutung aus der Geschichte des dort ab November 1943 von der Waffen-SS errichteten Außenlagers Lieberose des KZ Sachsenhausen. Foto: Ingrid HobergDer Gedenk- und Erinnerungsort Jamlitz geht auf die Geschichte des 1943 von der Waffen-SS errichteten Außenlagers Lieberose des KZ Sachsenhausen zurück.

 Ein Findling und eine Informationstafel weisen an der Jamlitzer Hauptstraße auf die Dokumentationsstätte im Kiefernweg hin: KZ-Außenlager Lieberose 1943 bis 1945 und Dokumentationsstätte Sowjetisches Speziallager Nr. 6 Jamlitz 1945 bis 1947. Foto: Ingrid HobergEin Findling und eine Informationstafel weisen auf die Dokumentationsstätte im Kiefernweg hin: KZ-Außenlager und Sowjetisches Speziallager Nr. 6.

 

Für den weiteren Ausbau aber, der historischen Bedeutung angemessen, konnte es keine dauerhafte Lösung sein, allein auf ehrenamtliches Engagement zu setzen. Mit einer Änderung der Stiftungsverordnung im vergangenen Jahr wurde der Weg für die Übernahme freigemacht, so Horst Seferenz. Ein weiterer Ausbau der Gedenkstätte ist geplant, ein Förderantrag an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sei auf dem Weg, aber noch nicht entschieden. Das Kulturministerium des Landes Brandenburg soll in die Ko-Finanzierung eingebunden werden.

Entscheidend für die Gedenkstättenarbeit ist die personelle Seite. Seit dem Sommer sind der Historiker Andreas Weigelt als Leiter der Gedenkstätte und Lars Larisch als Bildungsreferent bei der Stiftung angestellt. „Wir haben diese beiden Mitarbeiter vor Ort. Die Arbeit kann nun aufrechterhalten und vernünftig fortgesetzt werden“, sagt Pressereferent Horst Seferenz.

 

Andreas Weigelt hat die historische Aufarbeitung der Geschichte des Lagers Lieberose/Jamlitz über viele Jahre ehrenamtlich unter dem Schirm der Evangelischen Kirchengemeinde Lieberose und Land geleistet. Seit Ende der 1990-er Jahre war die Kirchengemeinde Träger der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, des Erinnerns und des Gedenkens an beide Lager. Andreas Weigelt hat das Archiv mit aufgebaut und betreut, und er will diese Arbeit auch geordnet übergeben. Eine Reihe von wissenschaftlichen Publikationen zur Geschichte der beiden Lager hat er veröffentlicht. „Ich habe eine halbe Stelle und werde neben der Arbeit als Leiter der Gedenkstätte weiterhin eigene Projekte verfolgen“, sagt er. Begleiten wird er auch die geplanten Baumaßnahmen. 

 

Die Gedenkstätte KZ-Nebenlager Lieberose am Lieberoser Friedhof. Foto: Ingrid HobergDie Gedenkstätte KZ-Nebenlager Lieberose am Lieberoser Friedhof. Fotos: I. Hoberg 

Ein Blick in das Museum zum KZ-Nebenlager in Lieberose: Die Gedenkstätte ist vorübergehend geschlossen.Ein Blick in das Museum zum KZ-Nebenlager. Die Gedenkstätte ist vorübergehend geschlossen.

Gedenktafel an der Gedenkstätte KZ-Nebenlager Lieberose am Lieberoser Friedhof.Gedenktafel an der Gedenkstätte KZ-Nebenlager Lieberose am Lieberoser Friedhof.

 

Lars Larisch hat im Juli als Bildungsreferent begonnen und stellt neue Bildungsangebote zusammen. Er bringt Erfahrungen aus anderen Projekten mit. „Ich will interessante Formate entwickeln und bereite neue Angebote vor“, sagt er. „Es ist unser Ziel, die pädagogische Arbeit auszubauen“, betont Horst Seferenz. Das geht nur in Zusammenarbeit mit dem Justus-Delbrück-Haus, Akademie für Mitbestimmung im Bahnhof Jamlitz. Diese Kooperation, die es bereits seit Jahren gibt, soll weitergeführt werden. Die Stiftung hat gegenwärtig keine eigenen Räume für die Bildungsarbeit. 

Seit einigen Jahren gibt es das Justus-Delbrück-Haus im Jamlitzer Bahnhof. Träger ist der Berliner Verein Karuna, der sich um wohnungslose Jungendliche aus ganz Deutschland kümmert. Neben der Bildungsstätte gibt es auch eine Wohngruppe. Seit zehn Jahren leitet Anett Quint das Haus und kämpft seitdem permanent um die finanzielle Absicherung der Projekte. „Wir fallen mit unserem Angebot immer wieder durch die gängigen Förderprogramme durch“, stellt sie fest. „Alle kennen unsere Situation …“ Dennoch, die Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Lieberose/Jamlitz wird projektbezogen fortgesetzt.

 

Ein Teil dieser Kooperation ist die Landschaftspflege des Geländes der Gedenkstätte – Jugendliche setzen sich dabei mit der Geschichte des Ortes auseinander. Ein Beispiel ist das Projekt „Symbolisches Grab“, das zwei Jugendliche initiiert hatten. Das Grab befindet sich auf dem Gelände am Kiefernweg hinter dem Zaun: Von dieser Position aus ist zu sehen, wo früher die Baracken standen, in denen im Februar 1945 das Massaker stattfand.

 

 Im Bahnhof Jamlitz können Räume für die Bildungsarbeit genutzt werden. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten setzt die Zusammenarbeit mit dem Justus-Delbrück-Haus, Akademie für Mitbestimmung, fort. Foto: Ingrid HobergIm Bahnhof Jamlitz können Räume für die Bildungsarbeit genutzt werden. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten setzt die Zusammenarbeit mit dem Justus-Delbrück-Haus, Akademie für Mitbestimmung, fort.

 Am "symbolischen Grab" haben zwei Jugendliche mitgearbeitet. Es befindet sich auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte in Jamlitz am Kiefernweg hinter dem Zaun. Von dieser Position aus ist zu sehen, wo früher die Baracken standen, wo im Februar 1945 das Massaker stattfand. Foto: Ingrid HobergDas "symbolische Grab" befindet sich auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte in Jamlitz am Kiefernweg hinter dem Zaun. Von dieser Position aus ist zu sehen, wo früher die Baracken standen, wo im Februar 1945 das Massaker stattfand.  

Fotos: Ingrid Hoberg

 

„Wir wollen viele Beteiligte ins Boot holen und sind froh, dass es diesen guten Verbund in der Region gibt“, sagt Horst Seferenz. Die bauliche Planung der Gedenkstätte werde fortgesetzt. Ein Konzept sieht den stufenweisen Ausbau des Geländes an der Neuen Siedlung/Kiefernweg vor. Die vorhandene Ausstellung bleibt und wird in die Organisationsform der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten integriert. Die Einbindung der Gedenkstätte KZ-Nebenlager Lieberose (Museum) ins Informationssystem gehöre perspektivisch dazu, so Seferenz.

 

Info

  • Träger der Gedenkstätte Lieberose/Jamlitz ist die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten mit Sitz in Oranienburg: www.stiftung-bg.de Der Historiker Axel Drecoll ist seit dem Jahr 2018 Direktor der Stiftung. 

  • Partner sind:
    Justus Delbrück Haus, Akademie für Mitbestimmung Bahnhof Jamlitz: www.karuna-ev.de und www.bahnhof-jamlitz.de
    Zentralrat der Juden in Deutschland
    Evangelische Kirchengemeinde Lieberose und Land
    Verein zur Förderung der Antifaschistischen Mahn- und Gedenkstätte Lieberose e. V.
    Initiativgruppe Internierungslager Jamlitz e. V.
    Gedenkstätte Waldfriedhof Sowjetisches Speziallager Jamlitz
    Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung
    Landkreis Dahme-Spreewald

  • Das Außengelände in Jamlitz ist durchgängig geöffnet, Führungen können angemeldet werden unter Telefon 033671 629991 oder per Mail:  Der Eintritt ist frei ohne Registrierung.

  • Es gibt eine Reihe von Publikationen, die im Justus-Delbrück-Haus auf dem Büchertisch zu finden sind, aber auch bestellt werden können: 
    über den Bahnhof Jamlitz von seinem Entstehen bis in die Gegenwart, 
    über das jüdische Lübben, 
    über den Judenmord im Reichsgebiet – Lieberose als KZ-Außenlager,
    Erinnerungen an das sowjetische Speziallager Nr. 6 und weitere. 

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Do, 14. Dezember 2023

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