Marktplatz Lübben | zur StartseiteKaskadenwehr Märkisch Buchholz | zur StartseiteTropical Islands | zur StartseiteSchwartzkopffsiedlung Wildau | zur StartseiteHöllberghof Langengrassau. Foto: Karsten Floegel | zur StartseiteTonsee Klein Köris | zur StartseiteDie Dahme bei Zeuthen | zur Startseite
Link zur Seite versenden   Ansicht zum Drucken öffnen
 

Spreewälder Biss

Die Gurkenernte im Spreewald ist gestartet. Auch wenn auf manchen Feldern weniger produziert wird und der Konservenumsatz weiter rückläufig ist, zeigt sich: Je regionaler Produktion und Vermarktung, umso zukunftssicherer. Wie auch beim Spreewälder Leinöl.

 

Von Dörthe Ziemer

 

Es sind 28 Grad im Schatten, und auf das 16 Hektar große Gurkenfeld zwischen Zützen und Gersdorf brennt die Sonne herunter. 36 Saisonarbeitskräfte aus Rumänien, Polen und der Ukraine liegen bäuchlings auf der Schattenseite des Gurkenfliegers und grabbeln mit gelb-blauen Handschuhen durch die Gurkenreihen. Viel ist noch nicht zu tun – die Reihen sind noch nicht geschlossen wie sonst um diese Zeit, berichtet Gregor Knösels von Knösels Gemüse-Erzeugung in Kasel Golzig. Der Falsche Mehltau, eine der schlimmsten Gurkenkrankheiten, hat sich ziemlich früh in die Pflanzen gesetzt. Hinzu kamen die kalten Nächte im Mai und nun die Trockenheit, die die Wurzeln stressen und die Pflanzen nicht groß wachsen lassen. Die Ernte begann etwa eine Woche später als sonst, und es ist die zweite Pflückung auf diesem Feld. Es komme darauf an, möglichst kleine Gurken zu ernten, weil sich die am besten verkaufen, sagt Gregor Knösels, zum Beispiel an den Spreewaldhof nach Golßen. Wegen der Unsicherheiten in dem Verarbeitungsbetrieb, der noch im Winter seine Produktion verlagern wollte, hat Gregor Knösels die Anbaufläche um 20 Prozent auf jetzt gut 50 Hektar reduziert.

 

 Der Gurkenflieger - eins der Wahrzeichen des Spreewaldes. Foto: Dörthe Ziemer

Der Gurkenflieger - eins der Wahrzeichen des Spreewaldes. Foto: Dörthe Ziemer

 

Von einst 70 Hektar auf gerade einmal ein Viertel Hektar ist derweil die Gurken-Anbaufläche bei der Agrargenossenschaft Unterspreewald in Dürrenhofe in den vergangenen Jahren gesunken. Für Geschäftsführer Uwe Schieban ist das kein Abgesang auf die Spreewaldgurke, sondern logische Folge der Entwicklung der Arbeitskosten. Heute betrage der Anteil der Arbeitskosten 60 bis 70 Prozent an der Rohware, schätzt Gregor Knösels ein, früher seien das 45 bis 50 Prozent gewesen. Und Uwe Schieban rechnet vor, dass sein Betrieb vor 25 Jahren noch 3,80 Euro pro Stunde Lohn bei pauschaler Versicherung der Arbeitskräfte gezahlt habe. Heute seien es rund 12 Euro Mindestlohn plus Lohnnebenkosten. „Wenn der Mindestlohn weiter steigt, landen wir bei 18 Euro Lohnkosten pro Stunde. Aber die Preise für die Rohware sind nicht im gleichen Maß gestiegen. Das ist nicht mehr darstellbar“, sagt Uwe Schieban. 

 

Deshalb hat die Agrargenossenschaft Unterspreewald die Gurkenproduktion stark zurückgefahren. Rund zehn Tonnen Gurken werden heute noch produziert – für den eigenen Hofladen, darunter Einleger für Glas und Eimer sowie frische Ware. Wer Spreewaldgurken haben möchte, muss also in den Spreewald fahren? – Das ist kein abwegiger Gedanke. Denn die Spreewaldgurken sind seit 1999 durch das Label geschützte geografische Angabe (g.g.A.) gesichert, zusätzlich lassen sich die Gurken-Betriebe mit der „Dachmarke Spreewald“ zertifizieren. Spreewaldgurke dürfen die Früchte nur genannt werden, wenn der Hauptanteil der Rohware aus dem Spreewald stammt und sie hier produziert wurden, also auch zu den hiesigen Kostenbedingungen. Das heißt, mit billiger Ware aus dem Ausland kann sie preislich nicht mithalten.

 

Bäuchlings liegen die Erntehelfer auf dem Gurkenflieger. Foto: Dörthe ZiemerBäuchlings liegen die Erntehelfer auf dem Gurkenflieger. 

Gregor Knösels auf seinem Gurkenfeld bei Gersdorf. Foto: Dörthe ZiemerGregor Knösels auf seinem Gurkenfeld bei Gersdorf.

Fotos: Dörthe Ziemer

 

Die Gurken aus der Spreewaldkonserve Golßen finden sich trotzdem in den Supermärkten zwischen Rostock und Zwickau. Die Marke „Spreewaldhof“, die in Golßen produziert wird, ist Marktführer in Ostdeutschland und bundesweit an dritter Position. Doch die Gurkenkonserve habe einen Absatzrückgang von etwa acht Prozent in den vergangenen zwei Jahren zu verzeichnen, teilt Pressesprecherin Andrea Steinkamp mit. Der Konservenmarkt sei „seit Jahren rückläufig und durch Überkapazitäten gekennzeichnet“. Deshalb wird der Standort Golßen, der seit vier Jahren zum französischen Konzern Andros gehört, zu einem Saisonbetrieb mit nur noch 20 statt 200 festen Mitarbeitern sowie Saisonkräften umgebaut. 

 

Der Wechsel zum Standort ins benachbarte Schöneiche (Gemeinde Steinreich) ist nach Protesten im Winter vom Tisch. Die Gurkenproduktion bleibt also in Golßen – mit gleicher Produktionsmenge wie bisher, so Andrea Steinkamp. Auch die Zusammenarbeit mit Handelspartnern und der Vertrieb über den Online-Shop werde in gleicher Form weitergeführt. Die Obstproduktion wandert zum Schwester-Betrieb nach Breuberg in Hessen. Gleichwohl werden so viele Menschen wie damals angekündigt ihre Arbeit verlieren. Noch im Juni solle das „Ergebnis des Sozialplans“ den Mitarbeitern vorgestellt werden, so die Pressesprecherin. Zukünftig setzt die Spreewaldkonserve verstärkt auf Saisonarbeitskräfte. Um am Markt bestehen zu können spricht sich das Unternehmen beispielsweise für ein Aussetzen des Mindestlohns für Saisonkräfte aus.

 

 Vor der Spreewaldkonserve hatten im Februar Mitarbeiter und Miitstreiter aus der Stadt gegen die Verlagerung der Produktion und den Abbau von Arbeitsplätzen demonstriert. Foto: Dörthe Ziemer

Vor der Spreewaldkonserve hatten im Februar Mitarbeiter und Miitstreiter aus der Stadt 

gegen die Verlagerung der Produktion und den Abbau von Arbeitsplätzen demonstriert. Foto: Dörthe Ziemer

 

Würde das Glas Gurken im Supermarkt nur 40 Cent mehr kosten, und würden diese beim Bauern ankommen, lohnte sich die Produktion wieder, sagt Uwe Schieban. Doch „vom Handel hängt alles ab“, stellt Gregor Knösels fest. Ein Blick in das Regal eines Golßener Supermarktes zeigt Kilopreise für Gurkenkonserven zwischen 3 und 12 Euro. Am billigsten sind die Produkte, auf denen nicht „Spreewald“ steht, inklusive der hauseigenen Bio-Marke. Doch diese unterliegen eben nicht den Standards, die für die Spreewaldgurken gelten. 

 

Touristen, die vor Ort ein echtes Stück Spreewald kosten möchten, geben dafür offenbar gern Geld aus. Vor Ort speisen und kaufen – das liegt im Trend, wenn man sich den Hofladen und die Kantine in der Agrargenossenschaft Unterspreewald in Dürrenhofe anschaut. Dort wird angeboten, was lokal angebaut und hergestellt wurde: von Gurken, Kartoffeln, Erdbeeren und Spargel über Rindfleisch, Milch und Käse (übrigens mit Leinsamen). „Wir wollen so viel wie möglich selbst verarbeiten und direkt vermarkten, weil dabei die Wertschöpfung höher ist“, sagt Uwe Schieban. Während der Sommermonate reicht die Kantine nicht aus, deshalb steht ein Zelt vor der großen Terrasse. Und auch am Wochenende hat die Kantine wegen der Nachfrage geöffnet. 

 

 Uwe Schieban im Hofladen in Dürrenhofe. Foto: Dörthe Ziemer

Uwe Schieban im Hofladen in Dürrenhofe. Foto: Dörthe Ziemer

 

Den regionalen Aspekt unterstreicht Melanie Kossatz auf dem Gersdorfer Gurkenfeld. Sie ist Geschäftsführerin des Spreewaldvereins, Träger der Schutzgemeinschaft Spreewaldgurke und Inhaber der „Dachmarke Spreewald“. Acht Anbau- und sieben Produktionsbetriebe für Spreewaldgurken gehören dazu – mit ganz unterschiedlichen Produktions- und Vertriebsstrukturen, wie sie erläutert: von überregional bis lokal. Sie hält den regionalen Absatzmarkt für „zukunftsfest“. „Die Spreewaldgurke gehört hier her, ohne sie wäre der Spreewald nicht der Spreewald“, sagt sie. Zu den Abnehmern gehören schließlich auch die Tourismusbetriebe, Hotels und Gastronomen. 

 

Allerdings, schränkt Gregor Knösels ein: Ohne die „großen“ wären die „kleinen“ Betriebe nicht denkbar. Für manche Abnehmer produziert er zwei Tonnen jener und zwei Tonnen einer anderen Sortierung, was sich für ihn aber in dieser Menge nicht rechnen würde. Insgesamt gingen aus seinem Betrieb im vergangenen Jahr 2.400 Tonnen Gurken in den Spreewald, geerntet von rund 200 Saisonarbeitern. Trotz des Rückgangs der Anbaufläche und obwohl „die Gurke seltener neben der Stulle auf dem Abendbrottisch“ steht, blickt er optimistisch in die Zukunft: Die Spreewaldkonserve in Golßen, einer seiner Hauptabnehmer, erhalte die Gurkenproduktion, das sei eine gute Nachricht.

 

 Leinblüte auf einem Feld zwischen Krugau und Dürrenhofe. Foto: Dörthe Ziemer

Leinblüte auf einem Feld zwischen Krugau und Dürrenhofe. Foto: Dörthe Ziemer

 

Derweil geht es bei Uwe Schieban nicht nur um die Gurke, sondern aktuell auch um den Lein. Der steht in der letzten Blüte, nun kommt es darauf an, dass nicht zu viel vom falschen Unkraut hochkommt. Das muss am Ende nämlich sorgfältig von den Samen getrennt werden, damit der Geschmack des Leinöls nicht beeinträchtigt wird. „Wenn die Probepressung nicht schmeckt, können wir die Ernte nicht nehmen“, sagt Christian Behrendt von der Kanow-Mühle in Sagritz. Bis es so weit ist, gilt es, die Planzen gut zu bewässern oder auf Regen zu hoffen – etwas, was gerade in den Frühjahren der vergangenen Jahrzehnte immer rarer wurde. 

 

2023 und 2024 gab es wieder etwas mehr Regen, was Natalie Diebow und Falk Pöschla vom Landgut Sellendorf auf die Idee brachte, es in diesem Jahr wieder mit dem Lein zu probieren. Sie stehen auf dem Leinfeld von Uwe Schieban und fachsimpeln, ob die pfluglose Aussaat günstiger sei und ob die Ernte mit dem Mähbinder gut funktioniere. Gefahren lauern dann noch bei der Reinigung und Lagerung der Ernte: Liegt sie zu feucht oder zu warm, verdirbt der Samen, der für seine Quellfähigkeit und Schleimbildung bekannt ist, schnell verderben. 

 

Uwe Schieban, Natalie Diebow, Falk Pöschla und Christian Behrendt vor einem Lein-Feld. Foto: Dörthe ZIemerUwe Schieban, Natalie Diebow, Falk Pöschla und Christian Behrendt vor einem Lein-Feld. Fotos: Dörthe ZIemer

Die Schlepziger Kahnfährfrau Yvonne Huber in sorbischer/wendischer Arbeitstracht präsentiert frisch gepresstes Leinöl. Foto: Dörthe ZiemerDie Schlepziger Kahnfährfrau Yvonne Huber in sorbischer/wendischer Arbeitstracht präsentiert frisches Leinöl.

 

Wieso sich Spreewaldbauern die Sache mit dem Lein aufhalsen, erklärt Uwe Schieban so: „Lein hat eine lange Tradition im Spreewald. Die Touristen wollen nicht nur Leinöl kosten, sondern sehen, wo der Lein wächst.“ Auch das Thema Blaudruck, Flachs und Leinen spiele hier hinein, und der Lein präge das Landschaftsbild. Der Lein passe außerdem gut in die Fruchtfolge und werde außerhalb der sonstigen Dreschzeit geerntet. Auch der Arbeitslohn falle weniger ins Gewicht als etwa bei der Gurke. Außerdem geht es um Geschmack und darum, das Öl als regionales, zertifiziertes Produkt zu vermarkten, sagt er. Er lässt den eigenen Lein in der Kanow-Mühle pressen – „die Leute rennen uns hier die Bude ein danach“, so der Chef der Agrargenossenschaft. „Das Leinöl ist ein beliebtes Nischenprodukt und nicht massenmarkt-tauglich“, ergänzt derweil Christian Behrendt. Und auch die Spreewald-Gurke gehöre eigentlich nicht in den Discounter, setzt Uwe Schieban nach.

 

 Blick ins Lein-Feld. Foto: Dörthe Ziemer

Blick ins Lein-Feld. Foto: Dörthe Ziemer

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Mi, 18. Juni 2025

Bild zur Meldung

Weitere Meldungen

Kein Plan für Windkraft

Munition aus Lübben

aktueller WOCHENKREISEL

  • Immer diese Hitze! Warum es in Lübben bald einen Hitzeaktionsplan geben könnte – oder doch nicht?

  • Hauptsatzung, die 2.: Innenministerium bemängelt zahlreiche Änderungen / Kreistag muss neu beschließen

  • Fliessen-Festival: Welche Orte in Dahme-Spreewald diesmal dabei sind und was die Gäste erwartet

NEUE Gesprächsreihe

 Logo WOhnzimmer

Veranstaltungen

Brandenburgisches Sommerkonzert 2015 (13)

#dahmespreewald

Socialmedia