Die zweite Auflage des Internationalen Kammermusikfestivals Fliessen hat den großen Begriff Authentizität zum Thema gemacht. Die vier Tage voller Weltklassemusik haben eindrucksvoll gezeigt, wie das geht: authentisch sein.
Von Dörthe Ziemer
Die Frage nach der Authentizität, die das Festival in diesem Jahr stellte, ist im Grunde schnell beantwortet: Authentisch ist, wer und was gut ist – so das Fazit der Gäste der Gesprächsrunden vor den Konzerten. Und das Fliessenfestival ist gut, sehr gut sogar! Was seinen Reiz ausmacht, ist auch schnell erzählt: Kammermusik auf allerhöchstem Weltklasse-Niveau – in Bezug gesetzt zu einer traditions- und entdeckungsreichen Kulturlandschaft, was man in diesem Fall gern doppeldeutig verstehen darf. Denn die Niederlausitz und der Spreewald – das sind vom Menschen gemachte Kulturlandschaften und sie sind, was mancher von außen vielleicht (noch) nicht so sieht, eine an kulturellen Traditionen reiche Region. Diesen setzt das Fliesssenfestival eine mächtige Krone auf.
Doch auch wenn die Antwort auf die Frage nach der Authentizität scheinbar schnell beantwortet ist, bleibt zu klären, wie die Menschen davon erfahren, wie sich die Kunde von musikalischen Spitzenleistungen im ländlichen Sturkturwandel-Raum verbreitet, wie sich noch mehr Menschen davon begeistern lassen, bis hin zum Publikum von morgen, das irgendwann die Konzertsäle füllen soll. Die Frage aller Fragen also ist: Wie kommt die Kunst zum Publikum? Dieser Frage widmeten sich die Gesprächsrunden, die die Festivalkonzerte seit jeher begleiten. Das Oberthema wurde aufgegliedert in Teildebatten zu „Kultur und Macht“, zur Vermarktung von Kunst und Künstlern, zur Spiritualität und Geist-Reichheit und schließlich zu den Perspektiven und Bedürfnissen junger Künstlerinnen und Künstler und dem Publikum von morgen. Die Kunst muss für sich stehen, mag man einwerfen, doch es ist ein besonderes Kennzeichen dieses Festivals, dass die Gesprächsrunden den Blick darauf nochmals weiten – auch ist irgendwie ein Beitrag zur Authentizität.
Gesprächsrunde am Schloss Lübbenau. Foto: Dörthe Ziemer
Die Idee für Fliessen ist um einiges älter als das zwei, drei Jahre alte Festival. Vor rund zehn Jahren nämlich schon ließ sich das Musikerpaar Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen, beide gehören zur Weltklasse auf ihren Instrumenten, auf dem Gelände der Drauschemühle in Bornsdorf (Gemeinde Heideblick) nieder. Schon bald wuchs der Wunsch, in der Scheune mit befreundeten Musikern aus aller Welt zu musizieren. Doch es brauchte die richtigen Kontakte und den passenden organisatorischen Rahmen, um ein ganzes Festival aus der Taufe zu heben. Diese waren mit Wolfram Korr und den Brandenburgischen Sommerkonzerten vor rund drei Jahren gefunden. „Klassiker auf Landpartie“, so lautet das Motto der über 30 Jahre alten Konzertreihe, die zunächst vor allem Berliner raus ins Umland locken sollte und heute die Kunst und den Sommer ausgelassen feiert und dabei immer weitere (unentdeckte) Flecken und Konzertorte auf dem Land erschließt.
„Wir müssen das Gegenteil tun: den Abstand und die Distanz zum Publikum so weit wie möglich verringern.“
Antje Weithaas, Violinistin
Was könnte es also Authentischeres geben, als so eine wunderbare Idee und Heimstatt für ein neues Festival einerseits und ein hoch erfahrenes und umtriebiges Team eines etablierten Veranstalters andererseits? Es braucht – natürlich – auch Musikerinnen und Musiker, die sich davon angesprochen fühlen. Kamen im vergangenen Jahr bei der Festivalpremiere bereits fast „alle, die wir angesprochen haben“, so die Gastgeber, so waren mit Primin Grehl (Flöte), Theo Plath (Fagott), Stephen Waarts (Violine) und Antje Weithaas (Violine) in diesem Jahr einige Wiederkehrer dabei. Ihre Freude darüber war in ihren Moderationen und im gemeinsamen Musizieren deutlich zu spüren. Nicht minder vergnügt bis ausgelassen musizierten mit ihnen diesmal Kiveli Dörken (Klavier), Vilde Frang (Violine), Danjulo Ishizaka (Violoncello), Byol Kang (Violine), Adrien La Marca (Viola), Ayaka Taniguchi (Viola) und Philippe Tondré (Oboe). Ihre Biografien und Erfolge auf internationalen Bühnen zu beschreiben, kommt diesem einzigen Satz gleich, den Wolfram Korr in einer seiner Begrüßungen über den Oboisten Philippe Tondré zum Besten gab: nämlich dass dieser Gewinner und Preisträger praktisch aller internationalen Wettbewerbe für Oboe sei.
Gemeinsames Erleben im Konzertsaal: Das ging fast nirgendwo so gut wie
in der Scheune an der Drauschemühle in Bornsdorf.
Foto: Dörthe Ziemer
Fast unwirklich kam es manchem Besucher da vor, dass sich eben diese Spitzenmusiker vor und nach ihren Auftritten wie selbstverständlich unters Konzertpublikum mischten. Ihre Familien waren teils anwesend, und so wurde die Festivalgemeinde zu einer Gemeinschaft auf Augenhöhe. Ob es nicht trotzdem eines Images als „Star“ bedürfe, um sich in dem Konkurrenzfeld der internationalen Klassikszene durchzusetzen, wurde in Glashütte diskutiert. Immerhin, so behauptete Moderator Frederik Hanssen, beschere ein „Star-Geiger“ einem Veranstalter volle Konzertsäle, mithin beispielsweise einem Benefizkonzert gute Einnahmen. Sie sehe sich nicht als Star-Geigerin, erwiderte die Violinistin Antje Weithaas, was angesichts ihrer reichen und langen Berufsbiografie durchaus bescheiden ist. Sie warne davor, „den Star-Mythos weiter zu überhöhen“: „Stattdessen müssen wir das Gegenteil tun: den Abstand und die Distanz zum Publikum so weit wie möglich verringern“, sagte sie in Glashütte. „Es geht um das gemeinsame Erleben im Konzertsaal.“
Warum redeten dann aber, warf der Moderator in Glashütte ein, so wenige Künstler im Konzertsaal mit ihrem Publikum? Als Veranstalterin und bisherige Leiterin der Schwetzinger Festspiele brach Heike Hoffmann eine Lanze für die Künstler, die „mit sich selbst beschäftigt“ seien, um ihre Leistungen zu bringen. Andere wie Martin Helmchen oder Theo Plath würden ihr Publikum hervorragend in die jeweiligen Werke einführen. Der Fagottist Theo Platz bekräftigte das in der Gesprächsrunde: „Ich moderiere gern, wenn ich eine Info geben kann, die so nur von mir kommt“, sagte er. „Es kann aber auch schön sein, wenn der Fokus ausschließlich auf der Musik liegt.“ Dass beides funktioniert, zeigte sich wiederum beim Fliessenfestival, wo viele Musikerinnen und Musiker mit pointierten, persönlichen Bemerkungen das Publikum mitriss – auch ein Zeichen von Authentizität.
Musikalische Entdeckungen und Höchstleistungen - hier Theo Platz am Fagott in der Alten Hütte in Glashütte.
Foto: Dörthe Ziemer
Nicht minder entscheidend für die Authentizität war es, dass die Weltklasse, die nun einmal in die Niederlausitz gereist ist, auch gebührend gefeiert wurde. Im Museumsdorf Baruther Glashütte, wo es schon im vergangenen Jahr durchaus „handwerklich“ zuging, wurde das Spiel auf den Instrumenten mit einer Reihe von Beigaben zelebriert, die nicht im Programm standen, aber einmal mehr die Virtuosität der Künstlerinnen und Künstler geradezu zur Schau stellten: etwa mit einer Caprice von Paganini, mit der Stephen Waarts die Vogelstimmen von draußen in die Alte Hütte holte, oder der Variation über das Lied „Trockne Blumen“ aus der „Schönen Müllerin“ von Franz Schubert, zelebriert von Primin Grehl auf der Flöte, begleitet von Martin Helmchen am Klavier. Und auch so ein vermeintlicher Klassik-Schlager wie der 3. Liebestraum von Franz Liszt wurde im Klavierspiel von Kiveli Dörken zur Neu-Entdeckung.
Entsprechend gab es beim Familienkonzert beim Finale in der Drauschemühle nicht etwa einfache Stücke oder bekannte Ohrwürmer für Kinder, sondern ebenso anspruchsvolle, aber trotzdem leicht zugängliche Stücke zu hören und – aus nächster Nähe – zu beobachten. Allein für Alain Ridouts „Ferdinand, der Stier“, eine pointierte Vertonung der bekannten Geschichte vom Blümchen genießenden statt kämpfenden Stier, habe sich die Anreise gelohnt, sagte ein – erwachsener – Zuhörer nach dem Konzert. Nicht minder gespannt lauschten rund anderthalb Dutzend Kinder dem ihnen gewidmeten Programmteil in der Bornsdorfer Scheune.
Zahlreiche Kinder waren zum Familienkonzert gekommen und hatten auf Matten direkt vor den Musikern Platz genommen.
Foto: Dörthe Ziemer
Ob die jungen Zuhörer von heute das Publikum von morgen sein werden, auch darum ging es in den Gesprächsrunden, vor allem unter den Kirschbäumen an der Drauschemühle. Dorthin hatten die Veranstalter nämlich Jugendliche eingeladen, die Kommunal- und Landespolitikern Fragen darüber stellten, wie sich das Interesse der Jugend an Musik oder Sport fördern lasse. Die beiden Jugendlichen Bente Henriette Lürmann und Aaron Seraphin Korr sind trotz ihres jungen Alters bereits Meister in ihrem Fach: Bente im Radsport und Aaron als Violinist. Wie erfahre man eigentlich jenseits seines Faches und seiner eigenen Blase von dem, was andere Jugendliche Tolles tun?; fragte Aaron. Schließlich könnten Jugendliche am besten das Interesse der Gleichaltrigen wecken.
Es gelte, lokale Schulnetzwerke zu stärken, definierten alle Anwesenden als Aufgabe. Indes seien dabei die Schulleiter, schulischen Gremien und Fördervereine vor Ort am stärksten gefragt, war sich Lübbens Bürgermeister Jens Richter (CDU) sicher. Eine Finanzierung für eigene Ideen könne man im eben gestarteten Teilhabefonds Lausitz finden, regte die Chefin der Brandenburger Staatskanzlei Kathrin Schneider (SPD) an. Sie wolle aber auch, sagte sie, mit dem Bildungsminister zum Thema Vernetzung zwischen den Schulen sprechen und das Ergebnis an die Jugendlichen zurückmelden. Die Landtagsabgeordnete Anke Schwarzenberg (Linke) schlug vor, dass die Schulen und ihre Schüler ein Budget bekommen, über das sie jenseits von Fördermittelanträgen frei entscheiden und so eben mal einen Ausflug in den Konzertsaal oder ins Sportstadion planen könnten.
„Wir tun viel dafür, dass Kinder in Konzerte kommen, aber wenn in Schulen der Musikunterricht abgeschafft wird, dann müssen eben auch wir alle dagegen protestieren“, sagte wie zum Widerspruch Antje Weithaas zwei Tage zuvor in Glashütte. Das bestätigte eine Kita-Erzieherin aus dem Publikum, die aus Doberlug-Kirchhain nach Glashütte angereist war. Immer weniger Geld stehe für Bücher und Instrumente bereit, immer weniger werde auf ein echtes Bildungsangebot an die Kinder geachtet, immer weniger Erzieher könnten überhaupt ein Instrument spielen.
Wo kommen die Lehrkräfte für Musik und Sport her? Aaron Korr und Bente Lürmann im Gespräch mit Politikern.
Foto: Dörthe Ziemer
Woher die fehlenden Lehrkräfte für Musik- und Sportschulen sowie für allgemeinbildende Schulen kommen würden, wurde wiederum in Bornsdorf gefragt. Die Rahmenbedingungen wie Infrastruktur, Schul- und Kitaplätze und Freizeitangebote müssten stimmen, waren sich die anwesenden Politiker einig, was sie allerdings nicht weiter als die zurzeit üblichen Wahlkampfredner brachte. „Was konkret planen Sie denn?“; hakte Aaron Korr nach. Ministern Kathrin Schneider drehte den Spieß um und fragte die Jugendlichen, was sie bräuchten, um in einer Kleinstadt oder einem Dorf der Niederlausitz zu leben. Es brauche gute Bedingungen für ihren Sport, sagte Bente Lürmann. Für Aaron Korr sei Lübben ein toller Ort zum Leben – vor allem deswegen, weil die Anbindung „nach draußen“ hervorragend sei. So könne er schnell ins Konzert oder Theater nach Berlin gelangen oder zum nächsten Termin des überregionalen Jugendorchesters.
„Menschen reagieren allergisch, wenn man ihnen sagt, wohin sie gehen sollen, was sie hören oder sehen sollen.“
Hartmut Dorgerloh, Generalintendant des Humboldt-Forums Berlin
Doch gesetzt den Fall, die Rahmenbedingungen stimmen weitgehend: Wie kommt das Publikum in die Konzertsäle? Weder Kindern und Jugendlichen noch Erwachsenen, so waren sich die Diskutanten in Glashütte und Lübbenau einig, dürfe etwas „übergestülpt“ werden. „Menschen reagieren allergisch, wenn man ihnen sagt, wohin sie gehen sollen, was sie hören oder sehen sollen“, zeigte sich Hartmut Dorgerloh, Generalintendant des Berliner Humboldt-Forums, in Lübbenau überzeugt. Es liege vielmehr an einem guten kuratierten Programm, ob die Menschen hingingen oder nicht. Dem pflichtete – unbewusst natürlich, weil es ein anderer Ort und Tag war – Heike Hoffmann in Glashütte bei: „Es heißt immer: Das Publikum will es so oder so. Aber wir unterschätzen es oft, es ist viel anspruchsvoller, als man denkt.“ Antje Weithaas bezweifelte derweil, dass mehr Publikum in die Konzerte komme, wenn ein so genannter „Star-Geiger“ Beethoven spiele und nicht die Titel, für die ihn sein Publikum liebt. Damit sei der klassischen Musik nicht geholfen.
Wie zum Beweis zeigte sich bei Fliessen, dass es gerade die auch für Musiker anspruchsvollen und für unerfahrene Ohren herausfordernden Werke waren, die oft den größten Applaus einheimsten: darunter die Sonate für zwei Violinen des Belgiers Eugène Ysaÿe, in der Alten Hütte gespielt von Stephen Waarts und Vilde Frang – ein Werk, das, wie sie sagten, eigentlich wie ein Quartett klingt; und die Violinsonate Nr. 1 von Béla Bartók, dem „Provokateur mit der Lust am Schock und unglaublichen Neuerungen in der musikalischen Sprache“, wie Martin Helmchen erklärte. Er trug es in der Lübbener Paul-Gerhardt gemeinsam mit Vilde Frang meisterhaft vor, was nicht nur das Publikum zu dreimaligem, trampelndem Applaus, sondern auch den nächsten Moderator zu größter Anerkennung animierte. Mit dieser Aufführung von Bartóks Werk, sagte ein Zuhörer später, hätten ihn die Musiker gefangen genommen, obwohl er zuvor dieser Musik nicht viel abgewinnen konnte.
Faszinierendes Spiel ungewohnter Töne: Martin Helmchen und Vilde Frang brachten Béla Bartók zu Gehör.
Foto: Dörthe Ziemer
Was genau ist das, was sich da durch Musik transportiert – anders als durch Worte oder andere Ausdrucksformen? Dieser Frage ging die Gesprächsrunde in Lübben nach. „In spirit“ lautete dort der Titel: Wie geistvoll und geistig kann Musik sein? Religiöse Lieder, etwa die von Paul Gerhardt, der in der Lübbener Kirche begraben ist, würden ihr helfen, Ausdruck für etwas zu finden, wofür ihr im Alltag die Worte fehlten, sagte Pfarrerin Dorothee Land vom Zentrum Dialog und Wandel in Cottbus. Für Marie-Elisabeth Hecker wiederum seien ihr Instrument und die Musik das Sprachrohr, weil ihr die richtigen Worte oft fehlten, sagte sie.
Und wie so oft, wenn es um die Wirkung von Musik in der Kirche geht, kam die Sprache auf das Schaffen von Johann Sebastian Bach. Es sei ein Geheimnis, vielleicht auch das des Heiligen Geistes, dass dessen Musik etwas mit Menschen mache, die sich eigentlich nicht für Gott interessierten, darüber waren sich die Diskutierenden in Lübben einig. Bach zu spielen bedeute für sie eine lebenslange Entdeckung, sagte Marie-Elisabeth Hecker. Während sie früher die Struktur der Musik ergründen wollte, versuche sie heute, Bachs Noten zu ihrer eigenen Stimme zu machen. Für sie gelte es, in jede Musik tief einzudringen, um sie spielen zu können. Geradezu als Pflicht erschien es da, dass auch zwei Stücke von Bach in der Paul-Gerhardt-Kirche erklangen – so eindringlich schön, dass man sich ein ganzes Bach-Konzert dieser Musiker wünschte.
„Um diese Künstler erleben zu können, müsste man sonst um die ganze Welt reisen.“
Heidi und Gerd Lauterbach, Konzertgäste aus Hannover
Das Festival hat die Frage, wie die Kunst zum Publikum kommt, also so beantwortet: Man muss gut sein, verdammt gut. Die Tatsache, dass die vier Konzerte weitgehend bis komplett ausverkauft waren, gibt dieser Antwort Recht. Zahlreiche Gäste hatten sich mit dem Ticket-Paket versorgt: Von "erheblich mehr Gästen, die alle vier Konzerte besucht haben", spricht Wolfram Korr als Veranstalter. Und so traf man also zu allen vier Konzerten viele bekannte Gesichter. Darunter jene, die jeden Tag mit dem Charter-Bus aus Berlin an- und wieder zurückreisten. Und jene, die Quartier in einem der Hotels der Region genommen und diese gleich noch mit erkundet haben. Heidi und Gerd Lauterbach waren aus Hannover angereist, wie auch schon im vergangenen Jahr. „Um diese Künstler erleben zu können, müsste man sonst um die ganze Welt reisen“, lobten sie das Festival, das sie als „Gesamtkunstwerk“ sehen. Jedes Konzert sei anders gewesen und seiner Spielstätte auf besondere Weise gerecht geworden. „Es war ein großer Fächer, ein bunter Blumenstrauß, der sich da bot“, sagte Heide Lauterbach. Zwischen den Konzerten seien sie im Spreewald unterwegs gewesen, und im kommenden Jahr möchten sie die Region – „eine Entdeckung für uns“ – noch weiter erkunden.
Lieder singen, wenn einem die Worte fehlen: Das konnten Konzertgäste in Lübben,
begleitet von Aaron Korr an der Violine und Dieter Gericke am Klavier.
Foto: Dörthe Ziemer
Und auch wirtschaftlich geht es für das Festival in die richtige Richtung: Das Verhältnis von Einnahmen zur Förderung habe sich stark verbessert, berichtet Wolfram Korr, was auch damit zusammenhänge, dass bei der Premiere 2023 „sehr viel mehr Geld für das Erstmarketing und die Etablierung der Marke“ ausgegeben worden seien. „Diesmal hat sich das Festival fast von selber verkauft“, so der Veranstalter, zudem habe man aus Erfahrung vieles "schlanker produzieren können“. Fast 40 Prozent der Kosten seien aus den Ticketeinnahmen gedeckt worden.
Sie hofften, sagen die Lauterbachs, dass das Festival auch in der Region und von den Menschen vor Ort angenommen werde. Dies lässt sich zumindest für das Konzert in Bornsdorf bestätigen. Es seien noch mehr Menschen aus der Nachbarschaft gekommen als im Vorjahr, schätzten Bornsdorfs Ortschronist Helmut Döcke und Heideblicks Bürgermeister Frank Deutschmann ein. Manch einer sprach von „schwerer Kost“ nach einem Stück, ein anderer von „ungewohnter Musik“, aber die Freude über das Ereignis und der Stolz auf die so bekannten Musiker in ihrer Gemeinde war ihnen förmlich anzusehen. Martin Helmchen berichtete bei der Gesprächsrunde in Lübbenau von dem Jäger, der im vergangenen Jahr zum ersten Mal in so einem Konzert gewesen sei und den Olivier Messiaens Vogelstimmen-gleiche Komposition beeindruckt habe. Er erlebe hier, sagt der Pianist, „eine neue Art der Begegnung mit völlig anderen Konzertgängern“. Fliessen, so schätzte Rochus Graf zu Lynar als Gastgeber des Eröffnungskonzerts ein, sei eine „wahnsinnige Inspiration“, zu der viele Einflüsse von Förderern, Privatleuten, Festivalmachern und Publikum zusammenkämen: „Das ist eine Mischung, die wir uns erhalten müssen.“
INFO
Derzeit läuft die Fliessen-Akademie: Für vier Tage bekommen junge Spitzenkünstler und Lehrende mit ihren Schülern die Möglichkeit, intensiv und inmitten der Natur gemeinsam zu arbeiten. Dabei bietet Marie-Elisabeth Hecker einen Meisterkurs für Violoncello an. Das Ergebnis wird am Donnerstag, 1. August, in einem Konzert in der Drauschemühle präsentiert.
Die Gesprächsrunde in Lübbenau wird am 1. September 2024 um 11 Uhr im Inforadio vom rbb ausgestrahlt.
Das Konzert aus der Alten Hütten in Glashütte vom 26. Juli ist am 6. August um 20:03 Uhr im Deutschlandfunkkultur nachzuhören.
Das nächste Fliessenfestival findet nach Veranstalter-Angaben vom 5. bis 12. Juli 2025 statt
Weitere Infos gibt es unter fliessenfestival.de
Hinweis zur Transparenz: Die Autorin ist nebenberuflich und ehrenamtlich als Kulturmanagerin tätig,
u.a. für das Kulturdreieck Dahme-Spreewald und den Paul-Gerhardt-Verein Lübben
Alle Fotos: Dörthe Ziemer; Fotos Lübben vor der Kirche / Hecker: Wolfram Korr