Water of Change

Lübben und Zeuthen hoffen auf eine neue Badesaison an der SpreeLagune und im Freibad Miersdorfer See. Doch mehr als „Baden auf eigene Verantwortung“ statt eines Badeverbots ist nicht zu erwarten. Auf dem Weg dorthin gab es teils langwierige Bemühungen und gerichtliche Auseinandersetzungen.

 

Von Dörthe Ziemer

 

„Changes“ – mit dem englischen Wort für ‚Veränderungen‘ werden Badegewässer kategorisiert, deren Qualität durch verschiedene Bewirtschaftungsmaßnahmen verbessert werden soll – meist nachdem das Urteil „mangelhaft“ samt Badeverbot ausgesprochen wurde. Ob dieses Ziel und eine darauf folgende Einstufung mit „ausreichend“, „gut“ oder sogar „ausgezeichnet“ erreicht werden, zeigen die Wasserproben mehrerer Saisons. So lange gilt das Gewässer als nicht eingestuft – ähnlich einem frei zugänglichen See ohne ausgewiesene Badestelle. Baden auf eigene Verantwortung statt Badeverbot: Das ist das, was die SpreeLagune in Lübben und das Freibad Miersdorfer See in Zeuthen in diesem Jahr maximal erreichen können. Entschieden wird darüber in den kommenden Tagen.

 

Um die passenden Maßnahmen wurde in den vergangenen Monaten hart gerungen – sowohl mit Ingenieurbüros, Fachleuten, mittels durchgeführter Bauarbeiten und weiterer Maßnahmen, als auch mit den zuständigen Fachbehörden und – im Fall von Zeuthen – vor Gericht. Als untergeordnete Behörde ist das Gesundheitsamt des Landkreises dafür zuständig, die Brandenburgische Badegewässerverordnung und somit EU-Recht umzusetzen. So kompliziert das klingt, so praktisch ist es: Wird ein als Badestelle gemeldetes Gewässer durch das Ministerium aufgrund der Beprobungsergebnisse als mangelhaft eingestuft, muss der Landkreis ein Badeverbot aussprechen. Der Betreiber – in dem Fall die Stadt Lübben bzw. die Gemeinde Zeuthen – hat die Bevölkerung darüber zu informieren und das Verbot umzusetzen. Und er muss Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität ergreifen.

 

Was haben die Beprobungen ergeben?

Die SpreeLagune und das Freibad Miersdorfer See gehören zu den 33 Badestellen im Landkreis, die regelmäßig beprobt und eingestuft werden – davon eine als ausreichend, vier als gut und der Rest als ausgezeichnet – und die beiden eben mit „mangelhaft“, was 2019 (Lübben) und 2022 (Zeuthen) ein Badeverbot nach sich zog. Grund waren mehrfach erhöhte Einzelwerte des mikrobiologischen Parameters Intestinale Enterokokken - so heißt es im letzten Prüfsteckbrief für das Miersdorfer Bad.

 

In Lübben kamen noch erhöhte Werte von E.coli (Escherichia coli, auch Kolibakterien) hinzu. Beide können u.a. Darm- und Harnwegserkrankungen auslösen. Obwohl seit dem Badeverbot immer wieder auch gute Prüfergebnisse erzielt wurden, blieb das Urteil „mangelhaft“. Denn für die Bewertung der Badegewässerqualität sind statistische Berechnungsverfahren (Streuung einer statistischen Verteilung / Perzentil) aus mehreren Badesaisons (meist vier) maßgeblich.

 

Künstlicher Seitenarm: SpreeLagune

Die SpreeLagune Lübben ist ein künstlich angelegter Seitenarm der Spree, der über einen Zu- und Ablauf mit der Spree verbunden ist. Einst als Wasserwanderrastplatz mit Stegen, Liegewiese und Sanitärhäuschen geplant, wird sie seit 2014 auch als Naturbadestelle geführt und geprüft. Immer wieder zeigte sich, dass an dieser Stelle die Fließgeschwindigkeit der Spree nicht ausreicht, um genügend Frischwasser heran- und Verunreinigungen, etwa durch Entenkot, abfließen zu lassen. Insgesamt ist die Fließgeschwindigkeit der Spree zwischen Cottbus und Köpenick aufgrund des geringen Gefälles nicht sehr hoch, heißt es im Steckbrief der Badestelle. Hinzu kommt, dass die Wassermengen, die die Spree hinunterfließen, seit Einstellung des Braunkohletagebaus stark abgenommen haben.

 

Seit 2019 ist die SpreeLagune für das Baden gesperrt, und seitdem wird mit verschiedenen Maßnahmen (u.a. Schilfrückschnitt) versucht, die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen. Der notwendige Erfolg stellte sich nicht ein. Nun soll durch die Vergrößerung eines Überleiters in einen anderen Spreearm sowie einen Verschluss des Ablaufes nach Bedarf die nötige Durchlaufgeschwindigkeit erreicht werden. Die Maßnahme kostet knapp 360.000 Euro. Die Bauarbeiten an der Spreelagune seien bis auf wenige Restarbeiten abgeschlossen, diese werden „voraussichtlich noch vor Ostern beendet sein“, teilt Lübbens Bürgermeister Jens Richter mit.

 

Die Bauarbeiten an der SpreeLagune sollen bis Ostern abgeschlossen sein. Foto: Stadt Lübben

Die Bauarbeiten an der SpreeLagune sollen bis Ostern abgeschlossen sein. Fotos: Stadt Lübben

Die Maßnahmen sollen die Fließgeschwindigkeit am künstlichen Seitenarm beschleunigen. Foto: Stadt Lübben

Die Maßnahmen sollen die Fließgeschwindigkeit am künstlichen Seitenarm beschleunigen.

 

Diese Maßnahmen sind Informationen des Landkreises zufolge in einem Bewirtschaftungskonzept abgestimmt worden. Dieses ist die Voraussetzung dafür, dass die SpreeLagune mit dem Status „Changes“ eingestuft werden kann. Eine Bewertung der SpreeLagune werde voraussichtlich für 2025 vorliegen, blickt Jens Richter voraus. Dazu müssen 16 aufeinanderfolgende Messungen im zweiwöchigen Rhythmus erfolgen. Bis dahin gilt „Changes“ – und Baden auf eigene Verantwortung.

 

Ehemalige Tongrube: Freibad Miersdorfer See

Auch für das Freibad Miersdorfer See ist der Status „Changes“ die allernächste Aussicht. Der ehemalige Tonstich, der wie viele Tonstiche der Region in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert entstand und das aufstrebende Berlin mit Baumaterial versorgte, hat eine Fläche von gut 3 Hektar mit einer Maximaltiefe von fast 10 Metern. Der See ist rein Grundwasser gespeist, er sei in der Vergangenheit jedoch stark überdüngt worden, heißt es im Steckbrief. Die Sichttiefen im Sommer würden zeitweilig nur 0,5 Meter betragen (Mittelwert an der Badestelle: 0,9 Meter). Unter bestimmten Voraussetzungen, dazu gehöre ein Bewirtschaftungskonzept, könne für die Badesaison 2023 der Status auf „Changes“ gesetzt werden, teilt der Landkreis Dahme-Spreewald mit. Damit könnten die erneute Einstufung der Badegewässer-Qualität als „mangelhaft“ und mithin ein Badeverbot abgewendet werden. Das Baden wäre dann auf eigene Verantwortung der Badegäste möglich. Die Beprobungen würden weiterhin stattfinden.

 

Statt von „Changes“ spricht Zeuthens Bürgermeister Sven Herzberger von der „Öffnung des Freibades“. Dazu seien verschiedene Bewirtschaftungsmaßnahmen getroffen und mit den Behörden abgestimmt worden, darunter die Anschaffung eines Nasssaugers zur regelmäßigen Reinigung der Badestege und Liegewiesen von Vogelkot, Vergrämungsmaßnahmen für Gänse (akustische solarbetriebene Geräte auf den Liegewiesen sowie eine Vogelscheuche auf dem See) und der Einbau einer Rinne mit Anschluss an den Schmutzwasserkanal. Außerdem solle ein ausreichend hoher Seewasserstand eingehalten werden.  Auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Genehmigung soll der Seewasserstandes mittels Grundwasserzuführung aus einem Notbrunnen gestützt werden. „Der Betrieb des Brunnens wird dokumentiert und der unteren Wasserbehörde schriftlich mitgeteilt. Grundsätzlich sind die technischen Voraussetzungen vorhanden, um nach erneuter Abstimmung mit der unteren Wasserbehörde im Bedarfsfall bei den entsprechenden Temperaturen im Sommer, den Seewasserstand noch weiter anzuheben“, informiert Sven Herzberger weiter.

 

Diese Bewirtschaftungsmaßnahmen seien dem Gesundheitsamt übermittelt worden, so der Bürgermeister. Den Eingang bestätigte der Landkreis am heutigen Freitag. Mehrere Nachfragen des Gesundheitsamtes an die Gemeinde waren dem vorangegangen. Nun wird das Konzept geprüft, um den Status für das Badegewässer festlegen zu können. Sollte der Status nicht auf „Change“ gesetzt werden können, werde das Gesundheitsministerium die Qualität des Badegewässers „Miersdorfer See“ für die Badesaison 2023 im normalen Verfahren bewerten, teilt die Pressestelle mit: „Sollte die Qualität erneut als ‚mangelhaft‘ eingestuft werden, wird das Gesundheitsamt des Landkreises Dahme-Spreewald auch für die Badesaison 2023 ein Badeverbot aussprechen müssen“. Bürgermeister Sven Herzberger gehe jedoch davon aus, dass „in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt des Landkreises“ eine Öffnung des Freibades in der kommenden Badesaison erreicht werden könne. „Es hat eine gute Beratung und Abstimmung zwischen Gemeinde und Gesundheitsverwaltung des Landkreises stattgefunden, die für die zukünftige Badesaison positiv stimmt“, so der Bürgermeister.

 

Antrag vom Gericht abgelehnt

Das war offenbar jedoch nicht immer so. Nach der Bestätigung des Badeverbotes im August 2022 teilte Bürgermeister Sven Herzberger mit: „Für mich ist die Entscheidung des Landkreises in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, insbesondere auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unverständlich.“ Es habe ihn „mit einiger Ratlosigkeit zurückgelassen, dass immer von der ‚kommunalen Familie‘ gesprochen wird“, er aber nicht das Gefühl habe, „dass wir durch das Gesundheitsamt des Landkreises lösungsorientiert unterstützt wurden“. Die Gemeinde war im Sommer gerichtlich gegen das Badeverbot des Landkreises vorgegangen. Der Antrag wurde im September jedoch abgelehnt.

 

Dazu nennt das Verwaltungsgericht Cottbus im Beschluss, der Wokreisel vorliegt, mehrere Gründe: So überwiege das öffentliche Interesse zum Schutz vor Gesundheitsgefahren über den Interessen der Gemeinde Zeuthen. Das Badeverbot habe sich als rechtmäßig erwiesen, da mit der Einstufung „mangelhaft“ hinreichende Tatsachen für eine Gesundheitsgefährdung vorlägen. Der Verweis auf die Erreger reichten als Begründung für das Badeverbot aus. Die Gemeinde Zeuthen als Antragsteller verkenne zudem, dass die Bewertung der Badegewässerqualität dem Gesundheitsministerium obliege. Der Landkreis verfüge hierbei über keine Einschätzungs- oder Entscheidungskompetenz. Vielmehr löse die Einschätzung als „mangelhaft“ die Verpflichtung für den Landkreis aus, Gefahren abzuwehren.

 

Auch geht das Gericht davon aus, dass die maßgebliche Beprobung zutreffend ermittelt wurde – etwas, das die Gemeinde infrage gestellt hatte. Auch dass die Gemeinde die Verhältnismäßigkeit des Badeverbots infrage stellte, überzeugte das Gericht nicht. Vielmehr sieht es das Badeverbot als „einzig geeignetes Mittel“, um Gesundheitsgefahren abzuwenden. Ein „bloßes Abraten vom Baden“ gehe fehl wirke „widersprüchlich und verharmlosend“, zumal die Umsetzung eines Badeverbotes auf einem abgezäunten Gelände problemlos möglich sei.

 

Bürgermeister Sven Herzberger betont, dass „eine Beweisaufnahme der von beiden Parteien vorgebrachten Argumente in einem solchen Eilverfahren“ nicht stattfinde. „Im Ergebnis geht es aus Sicht der Gemeinde Zeuthen jedoch nicht darum, wer Recht hat“ sagt Sven Herzberger, sondern darum, wie es die Gemeinde Zeuthen mit Unterstützung des Landkreises gelinge, dass in der Badesaison 2023 wieder ein Badebetrieb stattfinden könne.

 

Eine Herausforderung bleibt: der Grundwasserspiegel

Trotz der Unterschiedlichkeit der beiden Gewässer – in Lübben die nicht mal mannshohe, fließlahme Spree, in Zeuthen der zehn Meter tiefe, Grundwasser-gespeiste Tonsee: Beide sind auf Wasserzufuhr bzw. -durchfluss angewiesen und damit auf eine Ressource, die künftig stärker denn je gebraucht und umkämpft sein wird. „In der niederschlagsarmen Lausitz ist Wasser eine der zentralen Ressourcen für den Strukturwandel. Nur durch ein strategisches Wassermanagement sind die ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen beim Kohleausstieg und bei den voranschreitenden Klimaveränderungen zu bewältigen“, sagte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel am Mittwoch zur Wasserkonferenz in der Lausitz.

 

Das Wasser an der SpreeLagune ist flach. Im Spreewald muss bei besonderem Niedrigwasser gegengsteuert werden. Foto: Dörthe Ziemer

Das Wasser an der SpreeLagune ist flach.
Im Spreewald muss bei besonderem Niedrigwasser gegengsteuert werden.
Foto: Dörthe Ziemer

 

Anlass war der Weltwassertag der Vereinten Nationen unter dem Motto „Accelerating Change“ (den Wandel beschleunigen). Mit dem bevorstehenden Kohleausstieg, dem Strukturwandel sowie der Klimaveränderung würden sich aktuell die Rahmenbedingungen für den Wasserhaushalt in der Lausitz ändern, heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums. Das jüngst erarbeitete Niedrigwasserkonzept sieht beispielsweise die Reduzierung von Ausleitungen, die Änderung der Wasserverteilung im Spreewald, die Sperrung von Schleusen und auch die Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs vor. Ziel sei es, das Wasser im Spreewald auf die Hauptspree zu konzentrieren.

 

Die Auswirkungen auf die Wasserqualität der SpreeLagune werden sich in den kommenden Jahren zeigen. Sinkende Grundwasserstände gibt es aber auch jenseits der Lausitz, wie unsere Grundwasser-Recherche in Zusammenarbeit mit Correctiv.Lokal zeigte. Ein Viertel der 44 Messstellen in Dahme-Spreewald weisen sinkende Grundwasserspiegel auf. Gerade im Berliner Speckgürtel könnte sich die Situation künftig zuspitzen. Zwar müsse sich noch niemand um die Trinkwasserversorgung in den kommenden Jahren Gedanken machen, sagt Peter Sczepanski, Verbandsvorsteher beim Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverband (MAWV). Doch der Zuzug von Menschen vor allem in den Norden des Landkreises, aber auch darüber hinaus, halte an. Zugleich würden die Wasserverbräuche pro Person weiter steigen. Und auch das Freibad Miersdorfer See wäre bei sinkendem Spiegel, etwa bei Hitzeperioden, auf Grundwasser angewiesen.

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Veröffentlichung

Fr, 24. März 2023

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