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Wie sorbisch ist Dahme-Spreewald? Kak serbska jo Dubja-Błota?

Zwei Jahre Sorbenbeauftragte, ein Jahr Domowina-Mitgliedschaft. Was hat sich in dieser Zeit getan? Gesetzlich ist festgelegt, wo der Landkreis sorbisch ist. Und auch historisch steht das fest. Wie sorbisch er ist oder werden kann, das liegt zum Beispiel in den Händen von Sabrina Kuschy.

 

Von Dörthe Ziemer

 

Banja heißt Kürbis und plon heißt Drache. Tracht bedeutet drastwa und Eule – sowa. Fisch heißt ryba und Gurke – na? Górka (mit leichtem [ö]). – – So schnell lernt sich Sorbisch beim Memory-Spiel. „Mudra Głowka“ – „Schlaues Köpfchen“ heißt das Spiel, das Sabrina Kuschy in den vergangenen Wochen in allen 30 Kitas im angestammten sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet des Landkreises Dahme-Spreewald verteilt hat. „Das Sorbische/Wendische sollte bereits ab der Kindheit eine Rolle spielen“, sagt sie. „Hier kann der Grundstein für den Erhalt des sorbischen/wendischen Kulturerbes gelegt werden.“ Es gibt aber auch Sprachkurse für Erwachsene und – ganz neu – Seminare für Verwaltungsmitarbeiter und Touristiker.

 

Alle Kitas im Landkreis haben das Wörterspiel "Mudra Głowka" von Sabrina Kuschy (l.) überreicht bekommen. Foto: LDS

 

Warum ist das Sorbischlernen überhaupt wichtig – in einem Landkreis, in dem kaum ein Wort Sorbisch im Alltag zu hören ist und in dem sich mehrere Kommunen gegen die Aufnahme in das angestammte Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden wehren oder erst nach langen kontroversen Diskussionen dafür entschieden haben? Was ist das angestammte Siedlungsgebiet, wieviele Sorben gibt es noch und warum sagt man überhaupt Sorben/Wenden? All diese Fragen sind immer wieder zu hören. Sie führen auf den einen Punkt hin: Wie sorbisch ist der Landkreis Dahme-Spreewald eigentlich – am nördlichen Rand des Siedlungsgebietes?

 

Für Sabrina Kuschy, seit 1. Januar 2020 hauptamtliche Sorbenbeauftragte des Landkreises Dahme-Spreewald, ist die Antwort klar: Ein Teil des Landkreises liegt im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden und fällt somit unter das Brandenburgische Sorben/Wenden-Gesetz. Damit setzt das Land Artikel 25 der Landesverfassung („Rechte der Sorben/Wenden“) um und bekennt sich zu Schutz, Erhalt, Pflege und Förderung der sorbischen/wendischen Identität. Sabrina Kuschy ist diejenige, die die Belange der Sorben/Wenden im Landkreis vertritt. Sie sorgt dafür, dass die verfassungsmäßig eingeräumten Rechte der sorbischen/wendischen Minderheit umgesetzt werden und dass der Erhalt ihrer Sprache und Kultur kontinuierlich gefördert wird.

 

Bogowy kónik, die Libelle, ist auf dem Rucksack abgebildet. Foto: Karen Ascher

Bogowy kónik, die Libelle, ist auf dem Rucksack abgebildet. Foto: Karen Ascher

Mudra Głowka, Schlaues Köpfchen, heißt das Spiel um sorbisch-deutsche Wortpaare. Foto: LDS

Mudra Głowka, Schlaues Köpfchen, heißt das Spiel um sorbisch-deutsche Wortpaare. Foto: LDS

 

Es ist also einerseits gesetzlich festgelegt, wie sorbisch Dahme-Spreewald ist. Was aus diesem Rahmen heraus entsteht – das ist die andere, die bunte Seite: Passend zum Spiel „Schlaues Köpfchen“ wurden etwa Rucksäcke, Anstecker und Aufkleber mit den Vokabeln und bunten Bildern bedruckt. So reist also bogowy kónik, die Libelle, inzwischen auf einem Rucksack durch den Landkreis und weiter und kündet vom sorbischen Sprachgebiet. Nicht nur die Kultur, sondern auch gerade die Sprache zu pflegen, ist ein großes Stück Arbeit, wie Sabrina Kuschy in ihrem ersten Bericht als Sorbenbeauftragte darlegte – aber auch eine sehr vielfältige Aufgabe, wie sich in den einzelnen Bereichen zeigt.

 

Beispiel Kitas. Viele Einrichtungen seien dabei bereits auf einem guten Weg, die sorbische/wendische Kultur und Sprache in ihren Alltag zu integrieren, sagt Sabrina Kuschy. So gehörten niedersorbische Bräuche wie die Vogelhochzeit, das Maibaumstellen oder das Erntedankfest zum Kita-Alltag. „Jedoch gibt es bei der Sprachrevitalisierung noch sehr großen Nachholbedarf“, sagt sie. „Hier spielt unter anderem der Fachkräftemangel bei Niedersorbisch sprechenden ErzieherInnen eine entscheidende Rolle.“ Beispielgebend sei die Kindertagesstätte „Spreewaldspatzen“ in Neu Zauche, so die Sorbenbeauftragte in ihrem Bericht für das vergangene Jahr. Sorbische Sprach- und Spielangebote beispielsweise über sorbische Sagenfiguren und Bräuche gibt es für alle Kinder der Einrichtung, sie werden durch zwei Erzieherinnen betreut und die Kinder können selbst entscheiden, ob sie teilnehmen. Alle Kinder ab dem 3. Lebensjahr nutzen das regelmäßig. Nun soll es so ein Angebot auch in anderen Kitas im Landkreis geben. Erste Gespräche dazu hat Sabrina Kuschy in Schlepzig und Lübben geführt.

 

Ob Tänze und Lieder, Maibaumstellen und Vogelhochzeit - sorbische Bräuche sind in den Kitas im Südkreis verbreitet. Foto. Dörthe Ziemer

 

Von der Kita in die Schule – und weiter Sorbisch lernen? Das ist an der Comenius Grundschule Lieberose in Form freiwilliger Arbeitsgemeinschaften möglich. An der Houwald-Grundschule Straupitz findet der sorbische/wendische Begegnungssprachunterricht als Witaj-Projekt statt. Die Straupitzer GrundschülerInnen bekommen sogar zweisprachige Zeugnisse. Die Sorbenbeauftragte wünscht sich, dass weitere Angebote auch in den Grund- und Oberschulen in Gröditsch, Schönwalde und Lübben aufgebaut werden.

 

Um die niedersorbische Sprache und Kultur auch jenseits der Schulbildung stärker in den öffentlichen Raum zu transportieren, hat Sabrina Kuschy gemeinsam mit der Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur ein Seminarprogramm für Verwaltungsmitarbeiter, Kita- und Horterzieher sowie Touristiker ins Leben gerufen. Das Schulungsprogramm bietet den Teilnehmern einen Einblick in die sorbische/wendische Geschichte und Traditionskultur. Dabei gibt es beispielsweise einen rasanten Ritt durch die sorbische/wendische Geschichte mit Dr. Peter Schurmann vom Sorbischen Institut Cottbus und eindrucksvolle Schlaglichter, die erhellen, warum das Sorbische/Wendische historisch in den Landkreis Dahme-Spreewald gehört und warum es heute jedoch nicht mehr so präsent ist (siehe Info-Box). Es war also schon die Politik schon früherer Jahrhunderte, die der alltäglichen Verwendung der sorbischen Sprache den Garaus machte. Das begann im 17. Jahrhundert und reichte bis in die minderheitenfeindliche, ausgrenzende und kulturelle Vielfalt zerstörende Politik der Nationalsozialsten hinein. Schließlich sorgte die Umsiedlungspolitik im Zuge der Braunkohletagebaue zu DDR-Zeiten dafür, dass sorbische Sprachgemeinschaften auseinandergerissen wurden. Es fehlen also Generationen von aktiven Sprechern, die Sprachmittler hätten sein können.

 

Seminar zu Geschichte und Sprache der Sorben/Wenden im Kreistag Dahme-Spreewald. Foto: LDS

 

Um die Lust auf das Entdecken der sorbischen Sprache zu wecken, ist in die Seminare für Erwachsene ein kleiner Sprachkurs eingebaut. Ute Henschel von der Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur erläutert die Buchstaben des Sorbischen samt Sonderzeichen und warum es vollendete und unvollendete Verben gibt. Ob man also zielgerichtet irgendwohin geht oder einfach so, z.B. regelmäßig zum Kurs – dafür braucht man im Sorbischen zwei verschiedene Verben. Was harte und weiche Konsonanten sind und dass awto fast genauso wie im Deutschen klingt, obwohl da ein w statt eines u steht, sind weitere Details des kleinen Sprachkurses. Am Ende gehen die Teilnehmer mit einer Grußformel nach Hause – dobre zajtšo, dobry źeń oder dobry wjacor – und der Erkenntnis, dass der Bürgermeister im Sorbischen immer weiblich ist: šołta.

 

Um die Sprache im Dahme-Spreewälder Alltag weiter zu verankern, sollen verstärkt zweisprachige Beschilderungen angebracht werden: an Ortseingängen, Straßen, touristischen Wegen und mehr. So hängen beispielsweise in der Gemeinde Märkische Heide neue Ortsschilder in Groß Leuthen / Lutol, Klein Leuthen / Lutolk, Pretschen / Mrocna, Klein Leine / Małe Linje und Dollgen / Dołgi. Die Aufwendungen dafür bekommen die Gemeinden im angestammten Siedlungsgebiet durch die Verwaltungskostenpauschale des Landes Brandenburg gedeckt (500 oder 1.000 Euro pro Jahr). Darüber hinaus ist das Knotenpunktsystem für den Radverkehr in Dahme-Spreewald zweisprachig und auch das Besucherleitsystem am Verwaltungsstandort des Kreises in der Königs Wusterhausener Brückenstraße. In den Nahverkehrsplan des Landkreises wurde aufgenommen, dass Haltestellen-Schilder künftig ebenfalls zweisprachig sein sollen.

 

Zweisprachige Ausschilderung von Straßen und touristischen Wegen in Lübben.

Zweisprachige Ausschilderung von Straßen und touristischen Wegen in Lübben.

Zweisprachige Ausschilderung an der Alten Mühle in Schlepzig. Foto: Dörthe Ziemer

Zweisprachige Ausschilderung an der Alten Mühle in Schlepzig. Fotos: Dörthe Ziemer

 

All das ist mehr als eine Tracht - mehr also das, was mit Sorben/Wenden sehr häufig zuerst assoziiert wird. Deshalb haben die Sorbenbeauftragte und das Kreisarchiv das Buch „Mehr als eine Tracht… Sorbisches/wendisches Leben im Landkreis Dahme-Spreewald“, auf sorbisch „Wěcej ako drastwa Serbske žywjenje we wokrejsu Dubja-Błota“, aufgelegt. Es soll im Herbst 2022 erscheinen. Auf über 300 Seiten wird erstmals und umfassend das sorbische/wendische Leben in Dahme-Spreewald dargestellt. „Es wird das heutige Wirken vieler engagierter Menschen, nicht nur der Sorben/Wenden, zeigen und auch Wege aufzeigen, wie Tradition und Sprache erhalten werden können“, erklärt Sabrina Kuschy. Ein fünfköpfiges, renommiertes Autorenteam arbeitet derzeit daran, darunter auch Kreisarchivar Thomas Mietk. Begleitend dazu wird es eine Ausstellung im Museum Schloss Lübben geben. „Wir sind uns sehr bewusst über den Schatz, den wir mit der sorbischen/wendischen Sprache und Kultur in den Händen halten“, sagt Sabrina Kuschy.

 

Neben diesen vielen konkreten Schritten geht der Landkreis Dahme-Spreewald auch ganz neue Wege. Als erste kommunale Gebietskörperschaft ist der Landkreis am 11. Dezember 2020 mit einer Fördermitgliedschaft Teil des sorbischen/wendischen Dachverbands Domowina geworden. Dadurch biete sich auf institutioneller Ebene die Chance, die Entwicklung des einzigartigen und vielfältigen Kulturerbes der Sorben/Wenden aktiv für den Landkreis Dahme-Spreewald mitzugestalten, erklärt die Kreisverwaltung in der dazugehörigen Beschlussvorlage. Er habe damit „einen herausragenden Stellenwert im sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet zwischen den Ländern Brandenburg und Sachsen“ und wäre „in der ersten Reihe derer, die jetzt daran arbeiten, das sorbische/wendische Potenzial für die gesamte Lausitz in Zeiten des Strukturwandels als Alleinstellungsmerkmal zu nutzen“.

 

Besiegelung der Fördermitgliedschaft des Landkreises in der Domowina, dem sorbischen Dachverband: Sabrina Kuschy, Landrat Stephan Loge, Domowina-Vorsitzender Dawid Statnik, Kulturdezernent Carsten Saß (bis 2020). Foto: LDS

 

Dieses Potenzial ist durch verschiedene Beteiligungsprozesse im Rahmen des Strukturwandels erkannt und bestätigt worden. Das Projekt „Das sorbische Potential für den Strukturwandel in der Lausitz nutzen“ der Zukunftswerkstatt Lausitz hat dabei drei „sorbische Innovationsrollen“ identifiziert: Netzwerk, Anker und Brücke. Die Netzwerke der Sorben trügen erstens dazu bei, Traditionen und Kulturtechniken in die Zukunft zu überführen. Die sorbische Kultur sei zweitens in der Lausitz ein durchgehend historisches Element, schaffe somit Identität und stelle ein kulturelles Alleinstellungsmerkmal dar. Drittens baue die sorbische Kultur Brücken als grenzüberschreitende Institution in der Mitte Europas, in Sachsen und Brandenburg und in Nachbarschaft zu Polen und Tschechien.

 

Bei der Entwicklung und Nutzung dieser Potenziale will der Landkreis also ganz offiziell mitwirken. Dabei werden viele Brücken vor allem in den Landkreis hinein zu schlagen sein, ist doch der Anteil der sorbisch sprechenden Bevölkerung sehr gering. Auch das Verständnis dafür, welche Bedeutung die Pflege gerade der Sprache, aber auch der Kultur haben kann, ist unterschiedlich ausgeprägt, wie verschiedene Diskussionen in Kommunalparlamenten rund um den Beitritt oder die offizielle Feststellung zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet zeigen. Die Zugehörigkeit wird zuweilen mit dem Hinweis darauf infrage gestellt, dass im Alltag doch niemand mehr Sorbisch/Wendisch spreche. Bezieht man dabei jedoch in Betracht, dass es Politik war, die das Sorbische/Wendische zurückgedrängt hat, so scheint es nicht unlogisch, dass es Politik ist, die ihm zu neuer Entwicklung verhilft. Sabrina Kuschy als Sorbenbeauftragte formuliert die Grundlage für ihre Arbeit so: „Was hält die Menschen zusammen? Ihre Sprache, ihre Traditionen, ihr Brauchtum, ihre Kultur, ihre Lieder, Sagen und Geschichten, kurzum all das, was die Seele eines Volkes ausmacht.“

 

Info-Box

Wer sind die Sorben?

  • Die Sorben sind eines von mehreren slawischen Völkern, die im 6./7. Jahrhundert im zum Teil menschenleeren Gebiet zwischen Ostsee und den Mittelgebirgen, zwischen Elbe und Saale im Westen und Oder-Bober-Queis im Osten ansiedelten.
  • Eine Karte von 850 zeigt die Verbreitung der Milzener (Vorfahren der heutigen Obersorben) und Lusici (Niederlausitz): Das Gebiet zieht sich im Norden bis Berlin hoch (an einer gedachten Linie von Frankfurt (Oder), Köpenick und Zerbst) – also praktisch im gesamten heutigen Landkreis Dahme-Spreewald.
  • Im Zuge der Ostkolonisierung ab dem 10./11. Jahrhundert wanderten aus Westen germanische Stämme ein. Aus einem anfänglichen Neben- und Miteinander wurde bald eine Assimilation.
  • Während andere slawische Stämme schnell ihre Sprache verloren und assimiliert waren, konnten sich die Sorben in den Markgrafschaften Oberlausitz und Niederlausitz nach der Reformation eine kulturellen Eigenentwicklung bewahren.
  • Sorbisch gehört zur westslawischen Sprachgruppe und hat rund 25.000–30.000 Sprecher. Die Schriftsprache verwendet ein lateinisches Alphabet, das durch bestimmte Zeichen (diakritische Zeichen ) ergänzt wird.

Wieviele Sorben gibt es? Wer spricht Sorbisch?

  • Zu DDR-Zeiten lebten rund 100.000 Sorben in Lausitz, nach der Wende waren es 60.000, davon 20.000 in der Niederlausitz.
  • Laut einer Statistik von 2010 gibt es rund 5.000 Menschen, die Niedersorbisch/Wendisch sprechen. Alle Sprecher sind mindestens zweisprachig, sprechen also Sorbisch und Deutsch, wobei das Sorbische häufig dem Alltag vorbehalten ist.
  • Statistiken zu erheben, ist schwierig, da man sich dazu bekennen kann, Sorbe zu sein, aber nicht muss. Es ist nicht an Abstammungsnachweise oder Sprachkenntnisse geknüpft.
  • Im Land Brandenburg gibt es gesetzmäßig garantierte Angebote zum Erwerb der sorbischen/wendischen Sprache in der Schule: Kinder und Jugendliche im angestammten Siedlungsgebiet haben das Recht, die sorbische/wendische Sprache zu erlernen und in festzulegenden Fächern und Jahrgangsstufen in sorbischer/wendischer Sprache unterrichtet zu werden. In den Schulen im Siedlungsgebiet sind die Geschichte und Kultur der Sorben/Wenden in die Bildungsarbeit einzubeziehen und in der Schule zu vermitteln.
  • Zwar verfügt die Niederlausitz über ein gut ausgebautes bilinguales und begegnungssprachliches Bildungssystem, aber im Bereich des Landkreises Dahme-Spreewald ist das Angebot laut der Sorbenbeauftragten mäßig bis schlecht ausgebaut.

Warum sagt man in Brandenburg Sorben/Wenden?

Die Bezeichnung Sorben geht auf das Wort im Sorbischen zurück: My my SerbyWir sind Sorben. Das Wort Wenden (zurückgehend auf veneti) ist die Fremdbezeichnung für westslawische Stämme. Heute bezeichnen beide Begriffe das sorbische Volk, das zwei Sprachvarianten pflegt: das Obersorbische und das Niedersorbische.

 

Seit der Kolonisation im hohen Mittelalter wurde der Begriff Wenden teilweise mit negativer Wertung bedacht. Vor allem in der Nazi-Zeit, aber auch schon davor, wurde eine Germanisierung der Sorben angestrebt, ihre slawische Herkunft sollte verdeckt werden. In Abgrenzung dazu wiederum sollte in der DDR nur noch der Begriff Sorben genutzt werden.

 

Erhalten hat sich die Bezeichnung Wenden in der Niederlausitz dennoch, zum Teil zur Abgrenzung zu den Obersorben, deren Dachverband gerade zu DDR-Zeiten im Begriff war, die Niederlausitzer Sorben zu vereinnahmen. So wurden zum Teil aus pädagogischen Gründen obersorbische Elemente in die niedersorbische Sprache eingeführt. Auch politisch wollten die Niedersorben eher wenig mit den für sozialistisch gehaltenen Obersorben zu tun haben. Sie bestanden darauf, Wenden zu sein.

 

Aus Rücksicht auf geschichtliche Entwicklungen und Empfindungen bei Niedersorben wird in Brandenburg offiziell Sorben/Wenden gesagt. Einen Einblick in diese Geschichte gibt ein Text des Vereins zur Förderung der wendischen Sprache in der Kirche, der auch erklärt, wann es richtig ist, nur wendisch zu sagen.

Wie groß war das Siedlungsgebiet im heutigen Landkreis Dahme-Spreewald? Wo sprach man früher sorbisch?

  • Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Lusici befand sich um Luckau und Lübben. Es verlagerte sich im 11./12./13. Jahrhundert nach Süden und dehnte sich anschlißend in die heutige polnische Niederlausitz aus.
  • In Luckau waren 1546 etwa 45 Prozent der Bevölkerung Wenden und es gab ein Wendisches Viertel in der westlichen Altstadt.
  • Im Kurmärkisch-wendischen-Distrikt (u.a. mit der Herrschaft Teupitz) waren Ende des 16. Jahrhunderts etwa zwei Drittel der 17.700 Einwohner in 132 von 166 Dörfern Sorben.
  • Um 1650 reichte das sorbische Sprachgebiet im Norden bis ins heutige Amt Schenkenländchen und weiter nördlich, westlich etwa bis Dahme.*
  • Der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620 - 1688) ordnet 1667 im Kurmärkisch-wendischen-Distrikt, d.h. in den Dörfern um Beeskow, Storkow, Teupitz und Zossen, die Vernichtung aller wendischen Bücher und die Abschaffung wendischer Gottesdienste an.
  • Das Lübbener Oberkonsistorium (kirchliches Gremium) entwickelt 1668 einen Plan zur Abschaffung der wendischen Sprache im Markgraftum Niederlausitz. Damit begann die Unterdrückung der sorbischen/wendischen Kultur zugunsten der deutschen.
  • Im 16./17. Jahrhundert wurde Zweisprachigkeit z.B. noch in den Stadtverwaltungen der Region gelebt.
  • 1761 gab es in den Herrschaften Beeskow und Storkow von einst 40 sorbischen Kirchen keine mehr. Deutsches Schulwesen und Militärdienst trugen ebenfalls zur Verbreitung der Mehrheitssprache und zur Zurückdrängung des Sorbischen bei.
  • Um 1750 war das Sprachgebiet (s.o.) schon zurückgedrängt: Luckau, Storkow und Beeskow lagen knapp außerhalb.*
  • Im 18./19. Jahrhundert lebten vermutlich etwa ein Drittel der Sorben in den Städten, vermutlich auch in Lübben.
  • Um 1850 lagen auch Lübben, Lübbenau, Calau und Lieberose außerhalb des sorbischen Sprachgebietes.*
  • Um 1870 gab es letzte Gottesdienste in niedersorbischer Sprache in der Region, in Lübben nur bis 1840.
  • Ab 1897 sollten keine sorbischen Lehrer mehr lehren.
  • 1937 belegten die Nationalsozialisten die Domowina mit einem Tätigkeitsverbot. Sorbische Lehrer und Geistliche werden aus der Lausitz ausgewiesen, Zeitungen und Bücher werden verboten, sorbische Einrichtungen geschlossen.
  • In der DDR-Zeit wurd schließlich aus dem Vorhaben „Die Lausitz wird zweisprachig“ (1955/56) der Ruf „Die Lausitz wird sozialistisch“ (1959). Minderheitenpolitik unterliegt der Kontrolle durch die SED.

* Quelle: Karte nach Jan Malink, 2017
entdeckt in der Freiluftausstellung „Slawisch-deutsches Lieberose“

Was ist das angestammte Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden?

Das angestammte Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden ist ein Rechtsbegriff und definiert das Gebiet, in dem ein Großteil der minderheiten- und sprachpolitischen Regelungen zum Schutz und zur Förderung der Sorben/Wenden Anwendung finden.

Welche Gemeinden in Brandenburg zum angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden gehören, ist durch Gesetz bestimmt. Die Kommunen konnten freiwillig beitreten, zunächst, wenn sie kontinuierliche sorbische kulturelle UND sprachliche Traditionen vorweisen, später wurde daraus ein ODER.

Das Land Brandenburg hat in einigen Fällen den Status festgelegt, wogegen jedoch Klagen der Kommunen laufen. Das politisch festgelegte Siedlungsgebiet entspricht nicht den historischen (s.o.) bzw. tatsächlichen Siedlungsstrukturen.

Quellen, soweit nicht anders angegeben: Sorabicon / Sorbisches Kulturlexikon

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Veröffentlichung

Mi, 01. Dezember 2021

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