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Doppelherz in Blau

Zwei himmelblaue Schwalben sind das Herz des Gemeindeschwestern-Projektes „Kümmern im Verbund“ von vier Nordgemeinden. Das Projekt, bei dem Ältere Menschen umsorgt und in Fragen der Pflege unterstützt werden, ist offenbar eine Herzenssache – mit ernstem Hintergrund.

 

Von Dörthe Ziemer

 

Die Schwalbe von Schwester Agnes war weiß, die legendäre Fernseh-Krankenschwester war allein und sie war im Zittauer Gebirge unterwegs. 1975 war das – im DDR-Fernsehfilm „Schwester Agnes“. Heute sind die Schwalben blau und haben einen Elektroantrieb, die Schwestern sind (noch) zu dritt und der Schauplatz ist das südöstliche Randberliner Herzkranzgefäß: die Gemeinden Eichwalde, Zeuthen, Schulzendorf und Schönefeld. Geblieben sind der Wunsch nach liebevoller Umsorgung von älteren Menschen statt sekundengetakteter Versorgung, nach menschlicher Nähe und einem Plausch über den Gartenzaun. Denn das fällt zwischen Kostendebatten und Fachkräftemangel die Pflege viel zu oft weg.

 

„Es gibt einen großen Bedarf, nah an den Patienten dran zu sein.“
Jennifer Seifert, Kümmern im Verbund

 

Diese Erfahrung haben jedenfalls Jennifer Seifert und Antje Schulz in ihren früheren Berufsstationen als Krankenschwestern in Kliniken gemacht und die Lücken gesehen, die zwischen dem Klinikaufenthalt von älteren Patienten und der Zeit zu Hause entstehen. „Ich habe gesehen, was passiert, wenn keine Unterstützung zu Hause da ist“, sagt Antje Schulz. Früher habe sie deshalb oft Heimplätze suchen müssen. Das ließe sich vermeiden, wenn man vorab Dinge klären, die Patienten zu Hause aufsuchen und ihnen die Angst vor dem, was kommt, nehmen könne, sagt sie. Jennifer Schulz kennt das Modell Gemeindeschwester aus den Erzählungen ihrer Oma. „Es gibt einen großen Bedarf, nah an den Patienten dran zu sein und sie zu unterstützen“, sagt sie. Doch dieser Bedarf wird durch keine Krankenhausleistung und durch keine Pflegekasse gedeckt.

 

Jennifer Seifert und Antje Schulz (r.). Foto: Dörthe Ziemer

Jennifer Seifert und Antje Schulz (r.). Foto: Dörthe Ziemer

 

Das ist inzwischen durch die Landespolitik erkannt worden – und sie versucht, dem Mangel mit dem Förderprogramm „Pflege vor Ort“ zu begegnen. Damit sollen Maßnahmen der kommunalen Pflegepolitik zur Stärkung der Pflege in den Kommunen gefördert und somit die Pflege in der Häuslichkeit und die Stabilisierung ambulanter Pflege unterstützt werden. Ziel ist es, älteren Menschen ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben innerhalb ihrer örtlichen Gemeinschaft zu ermöglichen und die stationäre Pflege so lange wie möglich hinauszuzögern oder gar zu vermeiden. Kommunen können Projekte für konkrete Hilfen im Vor- und Umfeld von Pflegebedürftigkeit und in Ergänzung zu den Leistungen der Pflegeversicherung entwickeln und beantragen – in Abhängigkeit von der Zahl der über 80-Jährigen in der jeweiligen Gemeinde.

 

Das haben Eichwalde, Zeuthen, Schulzendorf und Schönefeld gemeinsam auf den Weg gebracht und unter Federführung der Gemeinde Eichwalde das Projekt „Kümmern im Verbund“ entwickelt. Vier Stellen wurden geschaffen, die mit einer Mischung aus Beratung, Informationsvermittlung, Vermittlung zu anderen Stellen und Projektarbeit auf die Menschen in den Gemeinden zugehen. Alle über 80-Jährigen wurden angeschrieben und informiert. „Ein Fokus liegt auf den Hausbesuchen“, sagt Antje Schulz, aber es gebe auch offene Sprechstunden und Info-Abende vor allem für pflegende Angehörige. Die Sprechstunden finden in jeder Gemeinde statt, um wirklich vor Ort zu sein.

 

„Endlich kümmert sich jemand um uns.“
Rückmeldung einer Klientin von Kümmern im Verbund

 

Wie man einen Pflegegrad beantragt, welche alternativen Wohnformen es gibt, wie man einen Antrag online ausfüllt, was bei einem Einstufungsbesuch passiert – das sind die Fragen, mit denen die Menschen zu Antje Schulz, Jennifer Seifert, Manuela Martin-Pellny und einer vierten, noch zu findenden Kollegin kommen. Einmal, erinnert sich Antje Schulz, hatte sie die Anfrage einer pflegenden Tochter, die zur eigenen Entlastung gern eine Pflegestufe für ihre Mutter beantragen wollte. Diese hatte jedoch die Notwendigkeit dafür noch nicht gesehen. Antje Schulz hatte beide mehrmals besucht, um aufzuzeigen, was eine Pflegestufe bedeutet. Schließlich wurde die erste Stufe beantragt, was beiden Frauen sehr half, den Alltag zu meistern.

 

Ein Quartal nach dem Start wurde kürzlich ein erstes Zwischenfazit gezogen. „Endlich kümmert sich jemand um uns“, lautet eine der Rückmeldungen, die Eichwaldes Bürgermeister Jörg Jenoch erhalten hat. Für eine „goldrichtige“ Entscheidung hält auch Christian Hentschel, Bürgermeister von Schönefeld, die Entscheidung. Auch er habe einen Anruf einer älteren Dame erhalten, die sich bedankt habe und sich freue, dass „die Alten nicht vergessen“ werden. Zeuthens Gemeindechef Sven Herzberger hält solche Aufgaben für „originäre kommunale Daseinsvorsorge“, und sein Amtskollege aus Schulzendorf Markus Mücke hält die Förderrichtlinie für eine, „mit der man etwas anfangen“ kann, weil die Freiheit zum Gestalten da sei.

 

„Das ist das, was wir uns mit dem Programm ‚Pflege vor Ort‘ gewünscht haben. Da geht mir das Herz auf.“
Ursula Nonnemacher, Sozialministerin

 

Diese Worte wurden von Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90 / Grüne) mit Wohlwollen aufgenommen: „Das ist das, was wir uns mit dem Programm ‚Pflege vor Ort‘ gewünscht haben. Da geht mir das Herz auf“, sagte sie nach der Präsentation in der Alten Feuerwache Eichwalde. Angesichts ständig wachsender Zahlen Pflegebedürftiger und sinkender Zahlen Fachkräfte sei es geboten, dass die Menschen so lange wie möglich in ihrem Sozialraum bleiben können. „Das entspricht auch dem Wunsch der Menschen“, betonte sie. „Pflege ist ein Prozess“, erläuterte Sieglinde Heppener, selbst im Zielgruppen-Alter und viele Jahre in der Sozialpolitik und in Seniorenbeiräten aktiv. „Es geht darum, das eigene Tun nicht zu beschränken und zugleich Hilfe zu ermöglichen und zuzulassen.“

 

(v.l.): Sieglinde Heppener, Landrat Stephan Loge, Jennifer Seifert, Ministerin Ursula Nonnemacher, Jörg Jenoch, Markus Mücke, Antje Schulz, Stefan Wichary, Sven Herzberger, Christian Hentschel bei der Projektpräsentation vor der Alten Feuerwache Eichwalde.. Foto: Dörthe Ziemer

(v.l.): Sieglinde Heppener, Landrat Stephan Loge, Jennifer Seifert, Ministerin Ursula Nonnemacher, Jörg Jenoch, Markus Mücke, Antje Schulz, Stefan Wichary, Sven Herzberger, Christian Hentschel bei der Projektpräsentation vor der Alten Feuerwache Eichwalde.. Foto: Dörthe Ziemer

 

Um das umzusetzen, brauche es niedrigschwellige Angebote, sagte Ursula Nonnemacher. „Die Menschen wissen nicht, dass sie Anspruch und einen Bedarf haben“, erläuterte sie. Pflegestützpunkte würden zu wenig in Anspruch genommen, weil sie eben doch nicht so gut erreichbar und für eine Vielzahl von Menschen zuständig seien. Das Gespräch über den Gartenzaun, der Besuch zu Hause, die Sprechstunden – das helfe den Menschen weiter. „Es braucht bei solchen Aufgaben die Menschen, das qualifizierte Personal, und nicht so sehr die Sachmittel“, betonte die Ministerin.

 

Sie lobte den Mut der vier Kommunen, „die Kooperation zu wagen“. Das sei nicht immer einfach, erläuterte Jörg Jenoch. Denn eine Kommune müsse die Federführung übernehmen, der zuständige Mitarbeiter sich in viele Dinge einlesen, mit denen er bisher kaum zu tun hatte. Dennoch hat es sich für alle gelohnt: Für jede Kommune allein wären die Mittel zu gering gewesen, um so etwas zu stemmen. Entsprechend der Richtlinie bekommen Eichwalde 21.600 Euro, Schönefeld 25.000 Euro, Schulzendorf 25.500 Euro und Zeuthen 44.100 Euro. Die Zahlen lassen erkennen, wie hoch der Anteil über 80-Jähriger in den Gemeinden jeweils ist: In Zeuthen sind es besonders viele, in Schönefeld aufgrund des Zuzugs von Familien im Verhältnis zur Einwohnerzahl viel weniger. Im Schnitt aller vier Gemeinden sind es 8 Prozent aller Einwohner. Auf die Fördersumme packen die vier Gemeinden einen Eigenanteil drauf, über den in den Gemeindevertretungen verhandelt werden musste. Die Präsenz der Seniorenbeiräte dabei dürfte einiges zum Erfolg der Verhandlungen beigetragen haben.

 

„Wir wollen die Natürlichkeit des Alterns in den Fokus rücken.“
Antje Schulz, Kümmern im Verbund

 

An die vierblättrige Blume, das Logo von „Kümmern im Verbund“, passten noch weitere Blütenblätter ran, blickte Jörg Jenoch voraus. Einige Kommunen hätten schon Gespräche geführt, um noch dazuzustoßen. Auch Anfragen Bedürftiger aus Nachbarkommunen werden von den Fachkräften vor Ort beantwortet – zwar mit dem Hinweis, räumlich nicht zuständig zu sein, aber mit einer passenden Telefonnummer aus der jeweiligen Kommune. Und auch Antje Schulz und Jennifer Seifert haben weitere Ideen: die Generationenarbeit zu fördern und alltagsunterstützende Angebote zu unterbreiten. Dazu gehört alles, was das Leben lebenswert macht: gemeinsam singen, kochen, basteln – beispielsweise gemeinsam mit Kitakindern. Ihr Ziel dabei: „Wir wollen die Natürlichkeit des Alterns in den Fokus rücken.“

 

Kontakt:

Kümmern im Verbund, Tel. 030 / 67502-550 (Mo-Fr, 9-14 Uhr),

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Mo, 25. Juli 2022

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