Hadern mit 2G

Die 2G-Regel kommt – bundesweit. In Brandenburg gilt sie seit gut einer Woche. Händler in Dahme-Spreewald hadern damit, ziehen sie aber einem Lockdown vor. Umfragen zufolge fordern Einzelhändler wie auch Gastronomen eine Impfpflicht.

 

Von Dörthe Ziemer

 

Was in Brandenburg schon Realität ist, soll demnächst in allen Bundeländern gelten: die 2G-Regel im Einzelhandel. Seit gut einer Woche ist in Brandenburg die neue Eindämmungsverordnung in Kraft. Sie schreibt unter anderem vor, dass nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt zum Einzelhandel (außer Waren des täglichen Bedarfs) und zu Einrichtungen mit Publikumsverkehr (Ausnahmen: Banken, Post u.ä.) haben. Ausgenommen sind Kinder unter 12 Jahren, Jugendliche mit Testnachweis und Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen (Nachweis erforderlich) nicht impfen lassen können. Für Gaststätten, Freizeiteinrichtungen usw. gilt die Regel bereits seit 15. November.

 

Auf Shopping-Tour: Einmal korrekt kontrolliert

 

Doch Regeln sind das eine, Umsetzung und Kontrolle das andere: Wokreisel war kürzlich in zehn Geschäften in Wildau und Königs Wusterhausen unterwegs und wurde genau einmal korrekt kontrolliert – nämlich mit einem Scan des digitalen Impfnachweises und der Verifizierung (z.B. Vorlage des Personalausweises). Einige Male wurde gar nicht nach dem Nachweis nachgefragt, meist wurde der digitale Impfnachweis lediglich angeschaut. Dabei scheint es eine Regel zu geben: Je kleiner das Geschäft, umso schwieriger und somit nachlässiger ist die Umsetzung.

 

In kleinen Inhaber-geführten Läden also, wo eine oder zwei Personen im Laden die Kunden gleichzeitig beraten, Ware auspacken, kassieren und kontrollieren sollen, scheint die korrekte Umsetzung schlicht unmöglich. In größeren Geschäften hingegen stehen ein oder zwei Mitarbeiter am Eingang und kontrollieren die Nachweise samt Lichtbildausweis. Alle anderen Kontrollweisen bewegen sich dazwischen: Einige Geschäfte haben den Zugang mit einem Stehtisch verengt, darauf eine Klingel, sodass man sich dort bemerkbar machen kann und warten muss, bis ein Mitarbeiter nach vorn kommt. In anderen Geschäften werden die Kunden angesprochen und um Vorlage des Nachweises gebeten, wenn sie bereits beim Einkaufen sind. Ein „ich habe mein Handy vergessen“ wird durchaus toleriert, wenn der Einkaufskorb schon gut gefüllt ist. Anderswo wird gar nicht nach dem Nachweis gefragt, sondern am Eingang lediglich schriftlich darauf verwiesen, dass die Nachweise bereitzuhalten sind.

 

Enormer Mehraufwand - für weniger Kundschaft

 

Cornelia Bewernick, Regionalmanagerin bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Schönefeld, bestätigt diese Beobachtungen: Gerade für die kleineren Läden ist der Mehraufwand enorm – normales Tagesgeschäft plus Dokumentation der Einhaltung der 3G-Regeln für Mitarbeiter und Kontrolle der 2G-Nachweise der Kunden. Den Aufwand, für den es keinen Ausgleich aus staatlichen Hilfen gibt, betreiben sie für deutlich weniger Kunden: Denn viele Menschen würden wegen der Kontrollen dem Einzelhandel eher fernbleiben. „Das sieht man in der Königs Wusterhausener Bahnhofstraße, im A10-Center oder auch in Lübben im Zentrum ganz deutlich“, sagt Cornelia Bewernick. Ältere Kundschaft komme häufig mit dem Impfausweis statt mit dem QR-Code und müsse wieder weggeschickt werden. „Hinzu kommt, dass die Weihnachtsmärkte nicht stattfinden, die sonst für mehr Kundenfrequenz sorgen“, erzählt sie.

 

„Dennoch ist das Bemühen unserer Händler groß, die 2G-Regel umzusetzen.“
Cornelia Bewernick, IHK-Regionalmanagerin Schönefeld

 

Weniger erwartete Kundschaft bedeute außerdem, dass das Sortiment reduzierter sei als sonst in der Vorweihnachtszeit, so die Regionalmanagerin der IHK – „denn man weiß ja nicht, ob der Abverkauf rechtzeitig erfolgt oder die Geschäfte wieder geschlossen werden“. Verschärft werde die Situation dadurch, dass immer mehr Kinder und ganze Familien in Quarantäne seien und in vielen Geschäften Personalmangel herrsche. „Dennoch ist das Bemühen unserer Händler groß, die 2G-Regel umzusetzen“, sagt Cornelia Bewernick. „Das ist vielen Unternehmern lieber als geschlossene Geschäfte oder die aufwändige Erfassung von Kontaktdaten zur Nachverfolgung.“

 

 

Stichprobenartige Kontrollen

 

Wer die Einhaltung der 2G-Regel im Landkreis eigentlich kontrolliert, war bis vor kurzem unklar: Während manche Kommunen wie Königs Wusterhausen, Bestensee oder Schulzendorf stichprobenartige Kontrollen durch das Ordnungsamt, meist im Rahmen der regulären Außendienste, durchführen lassen, beriefen sich andere Kommunen darauf, dass es kein aktualisiertes Amtshilfeersuchen des Landkreises gebe. Denn für die Kontrolle der Einhaltung der Eindämmungsverordnung ist der Landkreis zuständig. Der Landkreis selbst führt mit seinen Mitarbeitenden keine Vorortkontrollen durch.

 

Inzwischen habe der Landrat ein Amtshilfeersuchen an die Kommunen gerichtet, „um Unterstützung bei den Kontrollen im eigenen Zuständigkeitsbereich und der Anzeigenaufnahme zu erhalten“, informiert Pressesprecherin Kathrin Veh. „Entsprechend der personellen Ressourcen werden die Kontrollen stichprobenartig durchgeführt.“ Auch die Landespolizei sei angehalten im Rahmen des Streifendienstes Kontrollen durchzuführen. Die Polizeidirektion Süd teilt mit, dass ihre Mitarbeiter vor Ort tätig werden, wenn die kommunalen Ordnungsämter entsprechend um Unterstützung bitten. Allerdings gebe keine Statistik, wie viele Beamte derzeit im Einsatz sind.

 

Statistiken darüber, wie oft kontrolliert wird, liegen auch dem Landkreis nicht vor. „Sofern Feststellungen getroffen werden, gehen diese als Anzeige im Ordnungsamt des Landkreises ein und werden bearbeitet“, informiert Kathrin Veh. Im vergangenen Monat, also noch vor Einführung der strengeren 2G-Regel, gingen beim Landkreis 731 Anhörungen ein, 92 Bescheide wurden ausgestellt. 170 Anzeigen wurden nicht weiterverfolgt, 68 Verfahren eingestellt. Die meisten Anzeigen kamen von der Polizei oder der Bundespolizei, fünf aus der Stadt Königs Wusterhausen und drei von Bürgern. Das höchste ausgesprochene Bußgeld betrug 25.000 Euro und richtete sich gegen eine Fluggesellschaft.

 

Gastronomen und Einzelhändler für Impfpflicht

 

Bereits seit 15. November gilt die 2G-Regel in Gaststätten. Danach gefragt, wie intensiv die Einhaltung der Regel kontrolliert wird, antwortet Hartmut Leutloff von Leutloff's Wirtshaus am See in Zeuthen, zugleich Vertreter des Branchenverbandes Dehoga für das Dahme-Seenland, mit einer Schilderung der Situation in seinem Haus: „Wir bekommen jeden Tag Stornierungen“, sagt er. „Die Gäste tun sich damit sehr schwer, weil es mit logischem Menschenverstand nicht zu erklären ist, warum volle Fußballstadien, Karneval etc. erlaubt sind, und ein Restaurant, wo Abstände und Hygieneregeln eingehalten werden, nur noch unter 2G-Regel arbeiten darf.“ 2G+, also neben den Nachweisen noch ein frischer Test, würde die Branche in große Schwierigkeiten bringen, weil die Hürde für ein Restaurant-Besuch immer höher liegen würde.

 

Einer Umfrage des Deutschen Gaststätten- und Hotelverbandes (Dehoga) zufolge sind die Umsätze im November im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 34 Prozent eingebrochen. Laut dem Statistischen Bundesamt setzten die gastgewerblichen Unternehmer von Januar bis September real 44,9 Prozent weniger um als 2019. Wie die Umfrage des Bundesverbandes weiter zeigt, bereite fast 60 Prozent die 2G-Regelung der Betriebe keine Probleme. Der Zutritt für Geimpfte oder Genesene, die zusätzlich negativ getestet sind (2G Plus), ist demnach nur für jeden dritten Unternehmer (34,8 Prozent) machbar. Abhängig ist die Meinung den Angaben zufolge davon, ob die Unternehmer von spontanen Besuchen leben oder eher nicht. Angesichts der sich zuspitzenden Corona-Lage sprechen sich fast 70 Prozent der gastgewerblichen Unternehmer für eine Impfpflicht aus. In einer Blitzumfrage der IHK Rheinland-Pfalz sprachen sich 81 Prozent der Unternehmer für die Impfpflicht aus.

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Veröffentlichung

Do, 02. Dezember 2021

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